Retro-Friseur in Mönchengladbach Herr Feldmann — Barbier der alten Schule

Mönchengladbach · Seit April betreibt Alexander Feldmann sein Friseur-Geschäft an der Wallstraße. Nicht nur sein Auftreten unterscheidet ihn von anderen, wer in den Laden kommt, fühlt sich in eine andere Zeit versetzt.

Es war in den 90ern, und Männer entdeckten die Spiegelschränkchen ihrer Frauen für sich. Da wurde plötzlich gecremt und gezupft, "Metrosexualität" nannte sich der Trend der Stunde. "Männer fingen wieder verstärkt an, auf sich zu achten", sagt Alexander Feldmann. Und auch wenn sich die Trends seitdem längst überholt haben: Dass die Herren bereit sind, nicht nur an ihre Autos, sondern auch an sich selbst Fachmänner zu lassen, ist längst angekommen.

Wer es ein wenig ausgefallener mag, gehört zur Zielgruppe von Alexander Feldmann. Im April hat er an der Wallstraße sein Friseur-Geschäft eröffnet. "Herr Feldmann" ist aber alles andere als gewöhnlich, das macht schon sein Auftreten deutlich: Der 38-Jährige ist Barbier der alten Schule.

 Die Pomaden stammen teilweise aus Amerika.

Die Pomaden stammen teilweise aus Amerika.

Foto: Knappe,Joerg

Es beginnt bei den Füßen. Budapester, dieser besonders klassische Herrenschuh, dazu schwarze Hose und weißes Hemd. Krawatte, Hosenträger und Ärmelhalter. Und dann der Bart. Vor den Spiegeln auf den Holztischen stehen Fläschchen und Metallschachteln, Wässerchen und Pomaden. Daneben, fein säuberlich aufgereiht, sein Werkzeug: Kämme, Scheren, die schweren kabelbetriebene Maschinen. Und ein Rasierschaumerhitzer. Mit der großen Zehn-Zoll-Schere schneidet Feldmann am liebsten. "Die würde bei einem normalen Friseur normalerweise gar nicht benutzt werden", sagt er.

Im Hintergrund dudelt "Soda Pop" — ein Duett von Robbie Williams und Michael Bublee, das nach den 60ern klingt, aber erst vor drei Jahren auf Platte erschienen ist, Ein bisschen aus der Zeit gefallen und gerade deshalb voll in der Nische angekommen — wie Alexander Feldmann eben.

 Der Barbier bei der Arbeit Die feuchtwarmen Tücher auf der Haut beruhigen und öffnen die Poren. Vorne sind seine Mittelchen aufgereiht.

Der Barbier bei der Arbeit Die feuchtwarmen Tücher auf der Haut beruhigen und öffnen die Poren. Vorne sind seine Mittelchen aufgereiht.

Foto: Knappe,Joerg

Zehn Jahre lang hat er mit seinem Vater zusammen ein ganz normales Friseurgeschäft in Rheydt betrieben. "Es war aber schon immer ein Traum von mir, so einen Laden zu eröffnen", sagt der 38-Jährige. Seine Mutter betreibt einen Barbershop in den USA, immer wieder ist er dort, um zu lernen. Manches hat er nach Mönchengladbach gleich mitgebracht — wie seine Handtücher. "Die bekommt man hier nicht", sagt er.

Als Feldmann Anfang des Jahres geschäftsbedingt eine Entscheidung treffen muss, wagt er das Experiment und macht sich in der Stadtmitte eigenständig. "Innerhalb von sechs Wochen habe ich mir die Einrichtung zusammengesucht." Trödel- und Antikmärkte in der Region, in Belgien und den Niederlanden. Dann die Eröffnung — und die Überraschung. "Ich hätte niemals geglaubt, dass das so einschlägt", sagt er. Zu Herr Feldmann geht, wer seinen Bart gestutzt oder seine Haare geschnitten bekommen möchte. Rockabillys, Normalos und Stammkunden, die er aus Rheydt mitgenommen hat. Er kümmert sich um Zweithaar, aber auch Frauen finden den Weg in den Laden an der Wallstraße, die zuletzt so mit Leerstand zu kämpfen hat.

Zwischen all den Döschen steht eine Sprühflasche: Jack Daniel's Whiskey. Der Barbier grinst. "Nur Wasser drin. Aber das wäre hier doch irgendwie langweilig gewesen."

(lukra/skr)
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