Serie: Mönchengladbachs Spieleszene (2) Helden im Verlies und schlafende Drachen

Mönchengladbach · In Mönchengladbach treffen sich regelmäßig Spieleautoren aus der Region, testen ihre Spiele und entwickeln sie weiter.

 Spieleautoren treffen sich regelmäßig im Turnerheim an der Nordstraße, tauschen Erfahrungen aus und sprechen über Spieleideen. Einige von ihnen sind schon recht erfolgreich mit ihren Kreationen.

Spieleautoren treffen sich regelmäßig im Turnerheim an der Nordstraße, tauschen Erfahrungen aus und sprechen über Spieleideen. Einige von ihnen sind schon recht erfolgreich mit ihren Kreationen.

Foto: Detlef Ilgner

Im Turnerheim an der Nordstraße in Rheydt sitzen fünf Spieler, vier Männer und eine Frau. Vor ihnen liegt eine Pappkonstruktion, der Prototyp eines Spiels, Arbeitstitel "Felsendrache". Sie würfeln, lassen Holzscheiben eine Bahn hinunter rollen. Am oberen Ende der Bahn lauert ein Drache. Ihn einzusperren ist das Ziel des Spiels. Erwacht er, haben die Spieler gemeinsam verloren. Das passiert beim Probespielen relativ schnell. "Die Regeln sind ein bisschen zu kompliziert für Vierjährige", sagt Edith Grein-Böttcher. "Du musst das noch in der Zielgruppe testen." Die einzelnen Elemente müssten noch reduziert werden, meint auch Harald Mücke. "Aber optisch und haptisch ist das Spiel super."

Dirk Andreas Taube hat seine neueste Spielidee zum allerersten Testlauf mit zum Spieleautorentreff gebracht, der regelmäßig einmal im Monat stattfindet. Spieleautoren aus Gladbach und der Region treffen sich zum Testen, Spielen, Austauschen. An diesem Abend ist es sogar ein grenzüberschreitendes Treffen, denn erstmalig ist auch ein niederländischer Autor dabei - Martyn F aus Venlo, der gerade für sein Spiel Limes mit dem International Gamers Award ausgezeichnet wurde.

Vom Spieleerfinden können die wenigsten Autoren leben, aber wen es einmal gepackt hat, der ist mit großer Leidenschaft dabei. "Es ist ein kreativer Prozess, und am Ende kommt etwas heraus, das auch anderen Spaß macht", erklärt Taube, der schon etwa zwei Dutzend Spiele entwickelt hat, seine Motivation. Dass er bisher noch keinen Verlag gefunden hat, stört ihn nicht.

Der Rheydter Spieleautor Andreas Kuhnekath dagegen weiß, wie es sich anfühlt, die eigene Idee professionell umgesetzt zu sehen. Er hat es mit dem Glasperlenspiel Kulami schon auf die Empfehlungsliste "Spiel des Jahres" gebracht - ein Ritterschlag für einen Spieleautor. Auch er hat an diesem Abend ein Spiel zum Testen mitgebracht. Dungeon Dice nennt er es: Helden kämpfen hier in Verliesen mit Orks. Die anderen vier Autoren lassen die Würfel rollen, stellen Fragen zum Regelwerk, zur Spielmechanik. Andreas Kuhnekath macht sich Notizen. Ja, er habe auch schon darüber nachgedacht, die Verliese unterschiedlich zu gestalten, antwortet er auf die Anregungen aus dem Kollegenkreis. "Der Spieler könnte dort noch unterschiedliche Dinge finden, ein Schwert zum Beispiel, das ihm hilft", überlegt er weiter.

Doch die Autoren testen in der lockeren Runde nicht nur eigene Spiele. Begonnen haben sie an diesem Abend mit einem Spiel, das Harald Mücke, Mönchengladbacher Spieleautor und Verleger, von einem Lehrer bekommen hat. "Es wird schon in Schulen eingesetzt", erklärt er. Aber die Experten sollen noch einmal Regeln und Gestaltung prüfen und Anregungen geben. Es geht darum, die Spielfigur über ein Feld mit den Zahlen von eins bis hundert zu bewegen, indem Würfel und die vier Grundrechenarten benutzt werden. Es wird gerechnet, gelacht, sich gegenseitig geholfen. "Ich finde das Spiel nicht schlecht", sagt Edith Grein-Böttcher zum Schluss, "aber die Start-Ziel-Beschriftung muss geändert werden." Es gibt nämlich neben der Variante für Grundschüler auch eine fortgeschrittene Version, bei der in die entgegengesetzte Richtung gespielt wird.

Edith Grein-Böttcher kommt aus Neuss. Sie entwickelt seit fast dreißig Jahren Kinderspiele, hat schon viele veröffentlicht und es ebenfalls auf die Empfehlungsliste "Spiel des Jahres" gebracht. Ist es schwieriger oder einfacher, Kinderspiele zu erfinden? "Es ist schwierig, weil die Kinder sich so schnell entwickeln", sagt die Autorin. "Was einem Dreijährigen Spaß macht, ist oft nichts mehr für einen Fünfjährigen." Aber man könne mit unterschiedlichen Regeln arbeiten, dann ließe sich das auffangen.

Vor allem aber seien Kinder ehrliche Tester. "O ja", bestätigt Dirk Andreas Taube. "Wenn sie fragen, ob sie das noch mal spielen müssen oder raus gehen können, kann man die Idee vergessen."

(arie)
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