Serie Was macht eigentlich? Hartmut Röhl: Der Kämpfer gegen die Autofahrer-Abzocke

Mönchengladbach · Nicht nur zuschauen und meckern, sondern selbst etwas dafür tun, dass es in die gewünschte Richtung läuft: Hartmut Röhl ist einer, der handelt. Der sich schon als Schüler und Student engagierte, als selbstständiger Geschäftsmann 14 Jahre für die CDU im Stadtrat saß und auch noch mit seinen nun 69 Jahren "politisch" aktiv ist. Es hat zwar mal einen heftigen persönlichen Rückschlag gegeben. Doch fast ein Vierteljahrhundert später blickt Hartmut Röhl insgesamt zufrieden auf ein Leben, in dem er sich heute immer noch Herausforderungen sucht.

 „Wir wollen keine Privilegien, sondern nur einen fairen Zugang zum Ersatzteile-Markt“: Hartmut Röhl als Präsident des Gesamtverband Autoteilehandel kämpft auch im Fernsehen (hier beim ZDF) gegen das Monopol der Autokonzerne.

„Wir wollen keine Privilegien, sondern nur einen fairen Zugang zum Ersatzteile-Markt“: Hartmut Röhl als Präsident des Gesamtverband Autoteilehandel kämpft auch im Fernsehen (hier beim ZDF) gegen das Monopol der Autokonzerne.

Foto: Screenshot RP

"Ruheständler" ist er nur dem Alter nach. Zwischen Mönchengladbach, Ratingen, Berlin und Brüssel, dazu mehrmals im Jahr Madagaskar, dem Heimatland seiner Frau, spielt sich Röhls Leben ab. "Ich mache Lobbyarbeit", sagt er. Gerade liest, sieht und hört man häufiger über sein Engagement. Den ADAC, die größte Autofahrer-Lobby der Welt, hat Hartmut Röhl dabei ebenso auf seiner Seite wie den Bundesverband der Verbraucherzentrale, diverse Handelsverbände und Versicherungen.

"ADAC-Studie warnt vor Abzocke mit Auto-Ersatzteilen" hat "Auto-Bild" kürzlich getitelt. Es ist der Kampf der freien Kfz-Ersatzteilehändler nicht nur in Deutschland gegen das Monopol der Automobilhersteller beim Austausch von sichtbaren Ersatzteilen wie Scheinwerfern, Kotflügeln oder Stoßstangen. Gesichert wird dieses Monopol durch den sogenannten Designschutz, der den Nachbau von Originalteilen verbietet.

Es geht um Anteile auf einem Milliarden-Markt. Hartmut Röhl ist Präsident der FIGIEFA in Brüssel, des Internationalen Bundes und politischen Vertreters der unabhängigen Großhändler und Einzelhändler von Kfz-Ersatzteilen und der damit verbundenen Reparatur-Ketten. Dazu ist er Präsident des deutschen Gesamtverbands Autoteile-Handel (GVA). "Wir wollen keine Privilegien, sondern nur einen fairen Zugang zum Ersatzteile-Markt", sagt Hartmut Röhl. Das Monopol, so der ADAC, gehe zulasten der Verbraucher: "Unter den Augen und mit dem Wissen von Bundeskanzlerin Angela Merkel dürfen die Autobauer ein völlig ungerechtfertigtes Monopol auf sichtbare Ersatzteile weidlich ausnutzen und Kasse machen." Deutschland verhindere im Ministerrat in Brüssel die Umsetzung eines verbraucherfreundlichen Vorschlags der EU-Kommission.

Hartmut Röhl steht an der Spitze des freien Ersatzteilhandels in Europa. Er kennt dieses Geschäft seit Jahrzehnten. 1969 hat er als 25-Jähriger sein Betriebswirtschaftsstudium kurz vor der Diplomarbeit abgebrochen. "Eigentlich wollte ich etwas anderes machen: im diplomatischen Dienst oder bei internationalen Organisationen wie UNO oder die Welthandelsorganisation WTO. Aber dann erlitt mein Vater einen Herzinfarkt, und ich musste auf einmal in den 1907 gegründeten Familienbetrieb Dr. Erwin Krebs Kraftfahrzeugteile einsteigen. Die Firma war mit damals 20 Mitarbeitern zu klein, um einen fremden Geschäftsführer einzustellen. Und zu groß, um sie einfach so laufen zulassen", erzählt Röhl.

Die Firma wuchs mit dem Junior-Chef, zog 1972 von der Hohenzollernstraße zur Rheydter Straße um. Groß- und Einzelhandel mit Kfz-Ersatzteilen, Zubehör, Werkzeug, Werkstattbedarf und Werkstatteinrichtungsgeräte waren das Angebot. Doch 1989 lief etwas arg schief mit einem Engagement in einer Fremdfirma. Die Insolvenz drohte, Röhl wurde 1991 wegen fortgesetzter Untreue verurteilt. Das Gericht bescheinigte ihm aber, nicht in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. "Ich habe Gelder umgebucht, um die Firma zu retten und die Arbeitsplätze zu erhalten", sagte er.

Krebs Kraftfahrzeugteile kam dann auch wieder auf die Beine, und Hartmut Röhl erhielt 2010 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Zum 1. Januar 2008 verkaufte er die Firma an PV-Automotive aus Essen, einen der Großen der Branche, der sie weiter betreibt. Röhl blieb als strategischer Berater bis Ende 2011 dabei. Und er steht bis heute an der Spitze des internationalen und des nationalen Handelsverbandes.

Aufgegeben hat Röhl wegen der Probleme und nach einem persönlichen Zusammenbruch 1989 seine Karriere als Kommunalpolitiker. 1975 war er als 31-Jähriger in den Stadtrat gekommen, später gefragt worden, ob er Oberbürgermeisterwerden wolle. Er sagte Nein: "Das war damals ein Ehrenamt und für einen Selbstständigen nicht zusätzlich zu schaffen." Gereizt hätte ihn aber ein Sitz im Europaparlament: "Der war so dotiert, dass ich einen Geschäftsführer für die Firma hätte einstellen können." Doch die Niederrhein-CDU stellte nach einer sehr knappen Kampfabstimmung statt Röhl Karl-Heinz Florenz aus Neukirchen-Vluyn als Kandidat auf — der bis heute in Straßburg ist.

Der rede- und sprachgewandte Gladbacher war und ist "Außenpolitiker", ob als Student, Ratsherr oder Verbands-Boss. Er spricht fließend französisch und englisch, kann sich auf Spanisch recht gut verständigen, versteht madagassisch. Röhl ist der "überzeugte Europäer geblieben, der ich schon als Schüler war". Auch dank seiner sprachlichen Kenntnisse sitzt der nun 69-Jährige für seine Verbände bei der Gesetzgebung der EU in Brüssel mit am Verhandlungstisch.

(RP)
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