Mönchengladbach Gutachter fordern Bauboom

Mönchengladbach · Studenten brauchen Räume mit Küchenzeile und Internet. 50- bis 65-Jährige fordern Stadtnähe und Barrierefreiheit. Und Senioren suchen ein Haus oder eine Wohnung in der Nähe eines Heimes, um Dienstleistungen zu nutzen. Das sind Ergebnisse einer Wohnungsprognose für die Stadt.

 Die Solarsiedlung Eicken: Hier saniert die städtische GWSG und baut den Altbestand ihrer Wohnungen mit Millioneninvestitionen um.

Die Solarsiedlung Eicken: Hier saniert die städtische GWSG und baut den Altbestand ihrer Wohnungen mit Millioneninvestitionen um.

Foto: GWSG

Seit 2002 haben rund 5500 Menschen Mönchengladbach den Rücken gekehrt und sind in Nachbarkommunen gezogen. In derselben Zeit sind in der Stadt deutlich weniger Kinder geboren worden. Der Geburtenrückgang liegt im Vergleich zum Jahr 2000 bei 17 Prozent. Bis zum Jahr 2025 sinkt die Zahl der Haushalte in Gladbach um rund 4000.

Das bedeutet: Mönchengladbach verliert erheblich an Bevölkerung bei gleichzeitiger Zunahme der älteren Jahrgänge. Aber es gibt Hoffnung. Denn Düsseldorf platzt räumlich aus allen Nähten. Prognosen gehen von 60 000 Menschen aus, die in der Landeshauptstadt leben wollen, dort aber keine Wohnungen und Häuser finden.

Ist das der Beginn eines neuen Baubooms in Mönchengladbach, in dessen Verlauf viele neue Einfamilienhäuser entstehen? Jürgen Beckmann, Leiter der Stadtplanung, hat da seine Zweifel. "Die Musik spielt künftig im Bestand", sagt er. Und weil das so gesehen wird, gibt es inzwischen eine fast 50-seitige Studie zum Mönchengladbacher Wohnungsmarkt. Die Bochumer Forschungs- und Beratungsgesellschaft InWis hat sie im Auftrag der Stadt erarbeitet.

Die Untersuchung, jüngst vorgestellt im Bau- und Planungsausschuss, macht deutlich, wie sich der Gladbacher Wohnungsmarkt positionieren muss. Denn: Fördergeld von Bund und Land wird bei Wohnprojekten nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet. Die städtischen Baugesellschaften Kreisbau und GWSG, aber auch private Bauherren müssen sich darauf einstellen, dass es Zuschüsse nur noch für spezielle Projekte gibt. Und wer sich nicht auf die Anforderungen eines sich verändernden Marktes einstellt, wird nach Beckmanns Meinung am Ende die Rechnung präsentiert bekommen: "Wir werden Wohnungen auf dem Markt haben, die nicht mehr vermietbar sind. Jede neue Wohnung mehr vergrößert das Leerstandsrisiko."

Die Prognose geht davon aus, dass bis 2025 in Gladbach rund 1450 Wohnungen zu viel sind und nicht mehr vermietet werden können. Das bedeutet im Umkehrschluss: Vermieter müssen ihre Objekte zukunftsfit und Wohnungen auf veränderte Anforderungen passend machen. Das verlangt nach Meinung der Gutachter der Markt:

Best ager Das ist die Altersgruppe der 50- bis 65-Jährigen, die meist über ein höheres Einkommen verfügen und hohe Ansprüche an Wohnung und Wohnumgebung haben. Diese Gruppe verlangt nach Bungalows mit größtmöglicher Barrierefreiheit, Garage und Terrasse oder kleinem Garten. Ganz wichtig: Diese Häuser müssen im Stadtteilzentrum oder am Innenstadtrand liegen. Das Leitmotiv der "Best Ager" heißt: mittendrin und dennoch ruhig — zwischen Park und Fußgängerzone.

Mehr-Generationen-Familien Gesucht werden Häuser, die so konzipiert sind, dass Eltern in einer separaten Wohnung einziehen können. Auch da ist Barrierefreiheit Pflicht, damit Ältere lange in den Wohnungen bleiben können. Die Gutachter empfehlen, bestehende Häuser in Drei-Generationenhäuser umzubauen. Die Stadt soll informieren, wie aus- und angebaut werden kann. Seniorengerechte Eigentumswohnungen für über 65-Jährige sollten in der Nähe eines Seniorenheimes liegen, damit Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können.

Single-Haushalte Deren Zahl wird kräftig zunehmen. Darunter werden auch viele junge Menschen und da vor allem Studenten sein. Aber: Eine zugige, schlecht ausgestattete Wohnung reicht nicht mehr, um Studenten zu binden. Erforderlich sind Küchenzeile, Internetzugang, Mietpreisgarantie für die Dauer der Studienzeit, ein attraktives Wohnumfeld und Treppenhausreinigung. Das Urteil der Gutachter zur jetzigen Situation ist eindeutig: "Das derzeitige Angebot entspricht nicht den qualitativen Anforderungen der Studenten."

Familien Finanzierbare Häuser für junge Familien bleiben wichtig. Um diese Gruppe buhlen Kommunen. Da gilt: Das Stadthaus wird von Familien mehr nachgefragt als das Häuschen auf dem Lande.

Haus zum mieten Immer mehr Gutverdiener wollen sich nicht mehr binden und flexibel bleiben. Die Kreisbau hat sich bereits darauf eingestellt: An der Bellermühle bietet sie Miet-Häuser an. KOMMENTAR

(RP/rl)
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