Mönchengladbach Gregor Schneiders Badezimmer-Theater

Mönchengladbach · Mönchengladbachs Biennale-Preisträger baut in der Theaterhalle Kalk des Schauspiels Köln eine Geisterbahn aus lauter gleichen Badezimmern. Ein Kunst-Stück zum einsamen Erleben mit Gruselpotenzial und lebhaftem Kopf-Theater.

"Neuerburgstraße 21" - diese Adresse gibt es eigentlich gar nicht. Über der Eisentür, die in die heruntergekommene Industrie-Architektur aus Backstein führt, scheint die Hausnummer "21" nur eigens für dieses "Stück" angebracht worden zu sein. Ein paar Leute warten auf der Rückseite der vom Schauspiel Köln sonst als Spielstätte genutzten "Halle Kalk" mit Blick auf die Steppenlandschaft einer Industriebrache auf Einlass. Gregor Schneider, Mönchengladbachs wohl angesagtester zeitgenössischer Künstler, bittet zum Selbsterkenntnis-Trip. Der Schließer lässt alle fünf Minuten einen Besucher hinein, seine Warnung lautet: Es gibt kein Zurück. Bei Panikattacken bitte die Notausgänge benutzen.

Gregor Schneider lässt sich mit Enthusiasmus auf diese wirklich groß angelegte Zusammenarbeit mit einem Stadttheater ein. Seine eingebauten Räume, die ihren Ursprung in seinem Elternhaus an der Rheydter Unterheydener Straße ("totes haus u r") nahmen und seitdem in immer neuen Varianten überall auf der (Museums-)Welt für Verstörung sorgen, haben ihm unter anderem den Goldenen Löwen der Biennale in Venedig eingebracht.

Im Museum Abteiberg hat er solche Trips entlang der Horror-Ebene in seiner großen Arbeit "End" und in "Garage 2009" fortgesetzt, im Düsseldorfer K 21 wurde die "Weiße Folter" des inzwischen 45-Jährigen vor einigen Jahren heiß diskutiert.

Nach eher zarten Kontakten mit Theatern räumte ihm jetzt das Schauspiel Köln eine ganze Spielstätte leer und ließ die Theater-Werkstätten die komplette Arbeit "Neuerburgstraße 21" bauen. So etwas hat der Perfektionist Gregor Schneider noch nie gemacht.

Aber das passt zur neuen Dimension des Werks, das als letztes Stück des Kölner Spielplans noch bis zum 6. Juli läuft und später als "Wiederaufnahme" gleich nach den Theaterferien vom 23. August bis 7. September "aufgeführt" wird. Es ist ein Ein-Personen-Stück, bei dem der Besucher der alleinige Akteur ist. Theater im Kopf gewissermaßen, das sich abspielt bei der verstörenden Erfahrung, wenn man durch stockfinstere Gänge immer wieder ins immer gleiche Badezimmer gelangt. Ein fieser, standardisierter Eck-Raum mit verschlossener Dusche, abmontiertem Waschbecken und Klo, mit den immer nahezu identischen Gebrauchsspuren.

"Ich bin mit dieser Form doch zufrieden, wir haben herausgeholt, was möglich war", reflektiert Schneider gegen alle eigenen Einwände, die er im Gespräch einräumt, seine Arbeit. Sie wird Fortsetzungen haben, unter anderem schon in diesem Jahr in den Räumen der Volksbühne Berlin.

Gregor Schneiders nächste Ausstellung beginnt am 3. Juli in der Synagoge Stommeln (Stadt Pulheim).

(ark)
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