Mönchengladbach Gladbach verliert Real-Zentrale

Mönchengladbach · Erst Allkauf, dann Real - jahrzehntelang war Mönchengladbach Standort einer der wichtigsten Warenhausketten Deutschlands. Jetzt zieht der Konzern seine Verwaltung nach Düsseldorf ab. 500 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

 Ein Mitarbeiter verlässt gestern die Real-Zentrale an der Reyerhütte. In absehbarer Zeit wird dort niemand mehr arbeiten.

Ein Mitarbeiter verlässt gestern die Real-Zentrale an der Reyerhütte. In absehbarer Zeit wird dort niemand mehr arbeiten.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Der entscheidende Satz fällt gar nicht in der Pressemitteilung, die in Mönchengladbach gestern wie eine Bombe einschlug. Was die SB-Warenhauskette Real als "Verschlankung zentraler Strukturen und Zentralisierung aller Verwaltungsbereiche am Standort Düsseldorf" umschreibt, bedeutet nichts anderes als den Abzug der Zentrale der Kette aus Mönchengladbach. Real verlässt seine Standorte an Reyerhütte und Korschenbroicher Straße und wird künftig von der Metro-Konzernzentrale in Düsseldorf aus regiert. Damit enden 18 Jahre Real in Gladbach, aber noch wesentlich länger war die Reyerhütte Standort der Warenhauskette Allkauf, die Metro 1998 übernommen hatte.

Am Verwaltungsstandort Mönchengladbach sind derzeit rund 500 Mitarbeiter beschäftigt. Doch Real-Sprecher Markus Jablonski ließ auf Rückfragen keinen Zweifel: "Es wird in absehbarer Zeit keinen Verwaltungsbereich mehr von Real in Mönchengladbach geben." Das gelte für die Reyerhütte wie auch für die Korschenbroicher Straße, obwohl dort gänzlich andere Unternehmensbereiche wie Immobilien, Recht, Kfz und die Bauabteilung angesiedelt seien. Die vier Märkte in der Stadt seien von der Entscheidung hingegen nicht betroffen - dort arbeiten in der Summe noch einmal rund 500 Menschen. Allerdings sei auch noch keiner dieser Märkte für einen Umbau nach dem neuen "Food-Lover"-Konzept vorgesehen.

 Real kaufte 1998 die Allkauf-Gruppe, die an der Reyerhütte vorher ihren Standort hatte.

Real kaufte 1998 die Allkauf-Gruppe, die an der Reyerhütte vorher ihren Standort hatte.

Foto: RP-Archiv

Wie dem auch sei, es sind die Mitarbeiter in der Verwaltung, die im Zuge der "Dezentralisierung" nun um ihre Jobs bangen müssen. Denn in den nächsten eineinhalb Jahren sollen deutschlandweit 500 Vollzeitstellen in der Verwaltung abgebaut werden. Insgesamt werden rund 1600 Verwaltungs-Mitarbeiter aus mehreren Standorten in Düsseldorf zusammengezogen. Auch betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgeschlossen, hieß es gestern. Was die Gladbacher Verwaltungsjobs angeht, gebe es aber noch keine Vereinbarungen mit dem Betriebsrat oder gar einen Sozialplan. "Die Geschäftsführung wird jetzt zügig die Verhandlungen mit den zuständigen Arbeitnehmervertretungen über sozialverträgliche Lösungen für die Beschäftigten aufnehmen", sagte Jablonski. Der Zeitraum, in dem die Verlagerung vonstattengehen soll, ist noch nicht final definiert. Auch was mit den Immobilien geschehen soll, die sich Jablonski zufolge in Konzerneigentum befinden, sei noch unklar.

In Mönchengladbach war die Betroffenheit gestern groß. Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners sagte: "Das ist eine Überraschung, dieser Schritt hat sich so nicht angekündigt." Es habe zeitweise sogar Überlegungen gegeben, die Zentrale in Mönchengladbach zusammenzuziehen, was sich aber nie weiter erhärtet haben. "Das ist sehr bedauerlich, weil Mönchengladbach für viele Mitarbeiter ein besonderer Standort, die Heimat war."

Die Stadt wird die Verlagerung nicht zuletzt bei der Gewerbesteuer zu spüren bekommen. Real zahlt die Steuer an Kommunen anteilig der Gehaltssummen vor Ort. Wenn nun also die Hälfte der Stellen - zumal es auch noch die gut bezahlten sind - aus Gladbach wegfällt, dürfte dieser Posten für die Stadt erheblich einschmelzen. Kämmerer Bernd Kuckels wollte dies nicht kommentieren. Er ließ nur durchblicken, man müsse für den Haushalt, der am Montag eingebracht wird, die Gewerbesteuer-Prognose nicht anpassen. "Trotzdem ist das natürlich ein Schlag für Mönchengladbach."

"Das ist ein großer Einschnitt, der uns andererseits aber auch nicht umhaut, da wir auf einem sehr guten Weg sind", sagte Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung. Die Entscheidung sei ausdrücklich keine gegen den Standort Gladbach, sondern eine konzernpolitische - "und die wäre nicht erforderlich gewesen, wenn der Konzern zuletzt riesige Gewinne gemacht hätte". Zumal die Metro in Düsseldorf etliche bislang ungenutzte Gebäude zur Verfügung habe, auf die sie nun zurückgreife.

1998 hatte Real seine Zentralverwaltung von Alzey nach Mönchengladbach verlegt. Dort verschmolz der Metro-Konzern Real (das früher Massa hieß) und Allkauf (die Kette hatte der Konzern von der Familie Viehof übernommen) zu einem Großunternehmen mit 276 Märkten und rund 48.000 Mitarbeitern. Heute betreibt Real in Deutschland noch 293 Märkte mit rund 36.000 Mitarbeitern. Noch im vergangenen Jahr, als Real 50 Jahre alt wurde, hieß es: "Der Standort Mönchengladbach hat für Real eine hohe Bedeutung." Das ist nun bald vorbei.

(RP)
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