Nachwuchsförderung „Codeclub“ ist Vorbild für NRW-Schulen

Gladbach · Ein Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom besuchte das Informatik-Projekt am Gymnasium am Geroweiher, um einen Podcast aufzunehmen.

 Codeclub-Mitglieder Tobias (v.r.), Stella und Jan Lukas zeigen Claudia Nemat und Felix Nattermann ihre Arbeit.

Codeclub-Mitglieder Tobias (v.r.), Stella und Jan Lukas zeigen Claudia Nemat und Felix Nattermann ihre Arbeit.

Foto: Rick, Markus (rick)/Markus Rick (rick)

Außergewöhnlicher Besuch für Lehrer Felix Nattermann am Gymnasium am Geroweiher: Claudia Nemat, Vorstandsmitglied für Innovation und Technik bei der Deutschen Telekom, kam vorbei, um einen Podcast zum Thema „Schule der Zukunft“ aufzuehmen.

„Ich wollte von ihm in unserem Telekom-Podcast hören, wie man Schülern wieder Neugier, Abenteuerlust und Selbstsicherheit beibringt“, sagt Nemat: „In unserer Vollkasko-Gesellschaft gibt es zu wenig Raum für junge Leute, sich auszuprobieren und aus Fehlern zu lernen.“ In einer Zeit, in der Unternehmen mehr Verantwortung von ihren Mitarbeitern einfordern und in denen flache Hierarchien vorherrschen, gebe es keinen Platz für verschulte Schulen und besorgte Eltern, die ihren Kindern jede Verantwortung entziehen, so die ausgebildete Physikerin und Mathematikerin. „Felix Nattermanns Codeclub und der angeschlossene Orgakreis sind beste Beispiele dafür, wie man jungen Menschen ihre Eigenständigkeit wiedergeben kann“, sagt Nemat. Neben dem nötigen Informatikwissen sieht sie Empathie, Kreativität und querdenken als die entscheidenden Faktoren für eine erfolgreiche berufliche Laufbahn nicht nur in der IT. Den Codeclub lobt sie als Vorbild für ganz NRW: „Das Projekt ist einfach großartig.“

Nattermann ist Lehrer für Mathematik und Informatik am Gymnasium am Geroweiher. Vor zwölf Jahren gründete er an seiner Schule den Codeclub. Dort erlernen 120 aktive Schüler jeden Freitag ganz aus eigenen Stücken und neben ihrem Schulalltag, Programme zu schreiben und Webseiten zu coden. Software Development, Web Engineering, Web Design und Creative Arts – das Angebot umfasst eine Online-Plattform, mit der Schüler auch von zu Hause aus jederzeit Hilfe erhalten und sich gegenseitig unterstützen können.

In regelmäßigen Feriencamps vertiefen die Clubmitglieder den Stoff. Im angeschlossenen Orgakreis planen sie Aktivitäten des Codeclubs und vor allem sich selbst: Von der Club-T-Shirt-Bestellung über Anwesenheitslisten bis hin zum Trainieren des Nachwuchses erledigen sie beinahe alles eigenständig – wohlbemerkt freiwillig. Es ist ein Projekt, das zündet.

Nattermann, der in seiner Lehrer-Kolumne in dieser Lokalausgabe immer wieder engagiert über seinen Schulalltag berichtet, wurde 2014 als einer der besten seines Fachs im Land mit dem Deutschen Lehrerpreis ausgezeichnet. Kennengelernt hat Nattermann Nemat bei einer Telekom-Konferenz zum Wissensaustausch in Bonn. Einige Zeit später wurde Nattermann für ein Podcast-Interview eingeladen. „Ich schlug Claudia Nemat vor ins Gymnasium zu kommen, um sich live vom Codeclub und dem Orgakreis ein Bild zu machen, und sie willigte gleich ein“, sagt der Lehrer.

Das Verhältnis Jungen zu Mädchen ist bei den 120 Schülern des Codeclubs 60 zu 40, die Tendenz geht Richtung Ausgleich. Die Schüler stammen nicht nur vom Gymnasium am Geroweiher, sondern auch aus zehn weiteren Schulen – von der Hauptschule bis zu weiteren Gymnasien. Sie alle eint das große Interesse an Informatik und an den Ansatz, den der Codeclub verfolgt: „Train the trainer“. Die 14-jährige Stella begleitet den Telekom-Besuch und erklärt das System: „Wir starten in der sechsten Klasse als Anfänger und durchlaufen dann die nächste Stufe der Fortgeschrittenen, bis wir als Experten selbst die nachrückenden Anfänger trainieren. Nächstes Jahr bin ich Trainerin“, sagt sie stolz: „Informatik ist unsere Zukunft.“

Talente in der Stadt auszubilden und dann auch hier zu halten ist wichtig. Die beiden 17-jährigen Codeclub-Mitglieder Jan Lukas und Tobias programmierten schon im Rahmen von Praktika beim Mönchengladbacher Entwicklungs- und Testdienstleister Imat-Uve. „Hier werden wir auch nach dem Abitur im Rahmen unseres dualen Studiums der Informatik an der Hochschule Niederrhein arbeiten.“ Jan Lukas ist im Orga-Team damit beschäftigt, Trainer für 13 unterschiedliche Code-Module zu organisieren. Tobias ist in diesem Halbjahr zum vierten Mal als Trainer unterwegs: „Wir sind beide seit sieben Jahren im Codeclub aktiv. Ich habe schon an 21 Camp-Touren teilgenommen.“

Mark Nierwetberg begleitet an diesem Tag Nemat, er ist als Manager in ihrem Ressort tätig. Er hat NextMG mitgegründet, der Verein fördert Startup-Unternehmen, stärkt die IT-Ausbildung und will die digitale Transformation vorantreiben. NextMG unterstützt den Codeclub hauptsächlich finanziell, bringt sich aber auch konzeptionell ein. „Im Codeclub lernen die Schüler nicht nur das Programmieren, sondern entwickeln auch die für die heutige Arbeitswelt wichtigen Skills wie etwa Teamarbeit. Die soziale Interaktion untereinander ist gefragt, aber auch das Interagieren mit den Nutzern der Codes und Apps, die sie entwickeln.“ Eine weitere entscheidende berufliche Fähigkeit sei, sich innerhalb der Unternehmen selbst organisieren zu können, sagt Nierwetberg. Der Codeclub mit seinem Orgakreis ist die best aufgestellte Plattform für Schüler, Wissen für ihre folgende Laufbahn zu erlernen.

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