Mönchengladbach Gladbach auf dem Abstellgleis

Mönchengladbach · Ab Juli werden Gladbacher Bahn-Kunden lange warten müssen, wenn sie in Aachen in den Thalys umsteigen wollen. Die Stadt rückt weiter aufs Abstellgleis: Fernverkehr fehlt, die Sanierung des Bahnhofs lässt auf sich warten.

 Der Thalys ist bald noch schneller in Paris als ohnehin schon.

Der Thalys ist bald noch schneller in Paris als ohnehin schon.

Foto: Thalys

Die Welt rückt noch ein Stückchen weiter weg von Mönchengladbach: Wer ab dem Sommer mit dem Hochgeschwindigkeitszug Thalys etwa nach Brüssel reisen will, muss sich auf längere Fahrtzeiten einrichten. Statt zwei Stunden und 45 Minuten werden es ab Juni drei Stunden und 15 Minuten sein. Der Gladbacher Bahn-Kunde muss 22 bis 37 Minuten am Aachener Bahnhof auf den Thalys warten.

Das meldet der Fahrgastverband Pro Bahn. Damit wird der Bahnverkehr von Mönchengladbach noch unattraktiver: Vom Fernverkehr ist die Stadt bereits seit Beginn der 90-er Jahre abgekoppelt. Die Renovierung des Hauptbahnhofes in Gladbach hat Verspätung unbekannten Ausmaßes, und wohin die Reise für den Rheydter Bahnhof gehen soll, ist völlig ungewiss. Die Bahn hat Mönchengladbach, die größte Stadt am Niederrhein, offenbar aufs Abstellgleis gesetzt.

Weitere Ausdünnung möglich?

Trauriger Rekord: Mönchengladbach ist die größte Stadt Deutschlands, die nicht vom Fernreiseverkehr bedient wird. Bis dahin war es eine lange Entwicklung. Um die Jahrtausenwende endeten mit der Einstellung der Interregios die letzten Fernverbindundungen.

Politiker und Wirtschaftsfachleute der Stadt fordern seit langem, dass die Bahn ihre Strategie ändert und den Niederrhein stärker einbindet.

Doch große Hoffnung gibt es nicht: "Momentan können wir fast froh sein, wenn das Angebot nicht noch weiter ausgedünnt wird", sagte Joachim Stockschläger, FDP und ehemaliger Mitarbeiter eines Dienstleisters der Bahn. "Ich hoffe, mit der neuen Leitung zieht ein anderes Denken bei der Bahn ein — aber ich bin skeptisch", sagt Bundestagsabgeordneter Dr. Günter Krings (CDU).

Beide sehen in der Abkopplung von den Fahrtzeiten des Thalys' eine Verschärfung der Lage. Dabei gibt es nach Schätzungen der IHK Potenzial: Krefeld und Gladbach könnten rund 1000 Fahrgäste im Fernverkehr pro Tag aufbringen. "Und Aachen hat weniger Einwohner als Mönchengladbach alleine", sagt Krings.

Als die Bahn die Entscheidung traf, die Interregios einzustellen, "waren die Züge wirklich nicht ausgelastet", erinnert sich Stockschläger. "Es ist schwer festzumachen, wer genau die Schuld trägt", sagt der Politiker. Denn auch die Kommunal- und Landespolitik hätten lange vor allem auf den Individualverkehr mit dem Auto gesetzt. "Man ist erst aufgewacht, als die Fernzüge weg waren", sagt Stockschläger.

Für die Bahn zählen allein wirtschaftliche Überlegungen bei der Ausweitung ihrer Strecken. Doch Krings kritisiert, dass das Zwei-Klassen-Denken längst fest verwurzelt sei: Es gibt den Fernverkehr, der als erste Klasse gilt — und den Rest. Zu dem gehören Mönchengladbach und der Niederrhein.

(RP)
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