Mönchengladbach Gemeinsam gegen die "Abmahnindustrie" vorgehen

Mönchengladbach · Schon bald könnte es ein neues Anti-Abzocke-Gesetz geben: Es soll Verbraucher vor teuren Abmahnungen schützen.

Es ist ein verbreitetes Problem: Der 14-jährige Sohn surft im Internet, lädt ein paar Musiktitel herunter und plötzlich haben Mama und Papa eine saftige Abmahnung einer Anwaltskanzlei im Briefkasten. Alleine in der Gladbacher Verbraucherzentrale gab es im vergangenen Jahr weit über 200 Anfragen wegen Abmahnungen und überzogenen Anwaltskosten im Bereich der Urheberrechtsverletzung. Kritiker sprechen von einer regelrechten "Abmahnindustrie". Um dieser Art des Abmahnmissbrauchs entgegenzuwirken, hat der Bundestag jetzt den Gesetzentwurf "gegen unseriöse Geschäftspraktiken" verabschiedet.

Welche Änderungen der Entwurf vorsieht, darüber informierten am Montag der Gladbacher CDU-Bundestagskandidat Günter Krings, Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale NRW, die Verbraucherrechts-Referentin Iwona Husemann und die Leiterin der Gladbacher Beratungsstelle Hanna Masuhr.

Die Änderungen im Überblick: Die Obergrenze des Streitwerts bei erstmaliger Abmahnung wird auf 1000 Euro gedeckelt. Anwälte können damit maximal 155,30 Euro für die erste Abmahnung berechnen. Bisher ist es so, dass die Anwälte die Streitwerte selbst festlegen können. Neben der Deckelung der Streitwerte sieht das neue Gesetz auch vor, dass die Abmahnkanzleien ihre Anspruchsforderungen detailliert darlegen müssen. Ein Schlupfloch wird es jedoch weiterhin geben: In Einzelfällen kann die 1000 Euro Strafwert-Regelung außer Kraft gesetzt werden — etwa wenn "besondere Umstände" oder eine "hohe Anzahl an Rechtsverletzungen" vorliegen.

Der Regierung sei es nicht darum gegangen, Abmahnungen in dem Bereich grundsätzlich zu verbieten, sagte Krings. "Abmahnungen verhindern Gerichtsverhandlungen und erfüllen damit ihren Zweck", so Krings. Es gehe jedoch nicht, dass sich Anwälte illegal über Abmahnungen bereicherten.

Am häufigsten betroffen von Abmahnungen und den damit oftmals verbundenen horrenden Anwaltskosten seien vor allen Dingen junge Menschen. "In der Regel sind es männliche Jugendliche im Alter zwischen 14 und Mitte 20", bestätigte Verbraucherrechts-Expertin Iwona Husemann. Als Faustregel empfehle sie daher: "Alles, was im normalen Leben etwas kostet — und dazu zählen Musik und Filme — muss auch im Internet bezahlt werden. Bei kostenlosen Angeboten müssen immer die Alarmglocken läuten." Sollte dennoch eine Abmahnung ins Haus flattern, lohnt sich der Weg in die nächste Verbraucherzentrale. "Wir bieten alle 14 Tage eine Rechtsberatung zu dem Thema an. Bei vielen Fragen können wir helfen", ermutigte Hanna Masuhr von der Gladbacher Beratungsstelle. Wolfgang Schuldzinskis Forderung an das neue Gesetz ist deutlich: "Die überzogenen Abmahnungen müssen weniger werden. Passiert das nicht, muss das Gesetz nachgebessert werden."

Als nächstes muss der Entwurf im September durch den Bundesrat. Geht alles glatt, könnte das neue Gesetz im Oktober in Kraft treten.

(RP)
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