Mönchengladbach Gbowees Triebfedern sind Glaube und Wut

Mönchengladbach · Sie kochte vor Wut, als vor einigen Monaten in Liberias Hauptstadt Monrovia wieder einmal Unruhen tobten. Sie setzte sich auf den Boden, alles in ihrem Kopf raste, und sie weinte und saß dort die ganze Nacht über, um Ordnung in ihre Gedanken zu bekommen.

Am nächsten Morgen, erzählt Leymah Roberta Gbowee mit einem Funkeln in den Augen, packte sie ihre Wut und ihren Ehemann und fuhr zu den Oppositionsgruppen. Während der Gespräche ließen die jungen Aufrührer zwar die Luft aus den Reifen ihres Wagens, um die Muskeln spielen zu lassen. Aber sie hörten ihr zu.

Esprit und Natürlichkeit sprudeln ihr aus jeder Pore, wenn man mit der Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 2011 spricht — und Anekdoten wie diese hat sie viele zu erzählen. "Ich bin ein Mädchen aus der Provinz — das jetzt eine globale Bühne hat", sagt sie, und man kann gar nicht anders, als ihr Glauben zu schenken. Ihr christlicher Glaube sei eine ihrer Triebfedern, sagt sie 40-Jährige — und ihre Wut die andere. Wut über die Ungleichbehandlung von Frauen, Wut über Unterdrückung, Wut über verknöcherte Rituale wie Genitalbeschneidung und Kinderehen.

Beim Gespräch im Restaurant der Kaiser-Friedrich-Halle an diesem Morgen gibt sie viel von sich preis. Sie erzählt, wie der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu sie davor warnte, dass durch den Nobelpreis plötzlich jede Aussage zu einem Zitat wird. Sie hat herzliche Worte für MGMG-Chef Peter Schlipköter übrig, den Mann, der sie in der Reihe "Nobelpreisträger in Mönchengladbach" in die Stadt lotste. Sie bemerke nach all ihren Reisen, ob jemand wirklich herzlich sei — oder das nur spiele, damit sie einen netten Vortrag hält. Ihre Gladbacher Gastgeber zählten zur ersten Kategorie.

Sie wolle auch mit 80 Jahren noch einen Draht zu jungen Menschen haben und kein abgehobener Promi sein, sagt Gbowee, die sich als "Rebell" bezeichnet. Und wie können Europäer ihren Kampf unterstützen? Sie könnte einfach "Spendet Geld!" sagen, tut sie aber nicht, und auch das spricht für sie. "Wann immer ihr die Chance habt, darauf hinzuwirken, dass Frauen an jedem Bereich der Gesellschaft teilhaben können, ob bei Entwicklungs-, Infrastruktur- oder Umweltschutzfragen — macht es. Mit Nachdruck."

(RP/rl)
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