Mönchengladbach Frauen für Frauen - und gegen Angst

Mönchengladbach · Das Projekt "Frauen stärken Frauen" der Polizei und des Polizeisportvereins hat sich zum Ziel gesetzt, Migrantinnen stark zu machen, um ihnen ein gewaltfreies Leben zu ermöglichen. Dafür gab es den Integrationspreis der Stadt.

 Die Polizeibeamtinnen um Geraldine Skerletopoulos (l.) demonstrieren mithilfe einer Pratze, wie man sich gegen Angreifer wehren kann - sehr zum Interesse der teilnehmenden Migrantinnen.

Die Polizeibeamtinnen um Geraldine Skerletopoulos (l.) demonstrieren mithilfe einer Pratze, wie man sich gegen Angreifer wehren kann - sehr zum Interesse der teilnehmenden Migrantinnen.

Foto: Detlef Ilgner

Im Rahmen seines Freizeitangebots hat der Polizeisportverein bereits bis Ende 2012 Selbstverteidigungskurse für Männer und Frauen angeboten. Dann erreichte nach und nach die Flüchtlingswelle die Stadt. Immer mehr Frauen mit Migrationshintergrund zeigten Interesse. "Ihnen ging es aber nicht nur um bloße Selbstverteidigung. Sie hatten eher theoretische Fragen, wann sie zum Beispiel die Polizei rufen dürfen, was Notwehr ist", erzählt Melanie Boscheinen. "Da kam uns die Idee, das Projekt ,Frauen stärken Frauen' ins Leben zu rufen und dabei zu vermitteln, wie Polizei in Deutschland funktioniert, um Ängste und Vorbehalte abzubauen."

Diese Fragen und mehr beschäftigt auch die Gruppe junger Frauen, die an diesem Nachmittag, zum Teil mit ihren Müttern, gekommen sind. Sie werden betreut von drei Frauen der Soroptimisten, einem Service- Club. "Die jungen Frauen sind zwischen einem und vier Jahren in Deutschland. Wir sind eine tolle Gruppe geworden", sagt Beate Brungs. Es geht temperamentvoll und herzlich zu. Die jungen Teilnehmerinnen sind aufgeregt, und auch die beiden Beamtinnen Beate Kampermann und Geraldine Skerletopoulos freuen sich auf ihren Einsatz.

Die Runde startet mit einer kurzen Vorstellung, jeder erzählt kurz etwas zu sich und was er am heutigen Nachmittag unbedingt erfahren möchte. Verständigungsprobleme gibt es dabei nicht, eine Teilnehmerin und ihre Tochter übersetzen dort, wo es noch schwierig wird. Schnell wird klar, was den jungen Frauen auf den Nägeln brennt. Was empfindet man als eine gefährliche Situation und wie kann ich sie erkennen? Sahra Dahel erzählt von einer Situation am Bahnhof: "Da war ein Mann am Bahnhof, der laut geworden ist und uns nachher auch noch hinter kam. Wir wussten nicht, was wir tun sollen." Da wissen die erfahrenen Beamtinnen Rat: "Am besten ist es, Öffentlichkeit herzustellen. Laut um Hilfe rufen. Aber am besten nicht ,Hilfe!', sondern ,Feuer!'", erklärt Skerletopoulos. "Was ist, wenn ich alleine bin?", möchte eine Teilnehmerin wissen. "Dann spricht man am besten konkret jemanden an und bittet um Hilfe. Allerdings ist es immer möglich, wenn man verfolgt wird und sich bedroht fühlt, die Polizei anzurufen", sagt Skerletopoulos.

Doch was ist, wenn sich der Verfolger als harmlos herausstellt? "Man kann von euch nicht verlangen, dass ihr einschätzen könnt, was in fünf Minuten sein wird. Die Polizei kommt auf jeden Fall und wird sich mit dem Verfolger beschäftigen", beruhig die Polizistin. Dann geht die Gruppe über zum praktischen Teil. Rasch ist der Stuhlkreis weggeräumt und die beiden Polizistinnen machen sich bereit, den Teilnehmerinnen zwei Übungen zu zeigen, mit denen man den Angreifer überraschen und sich aus seinem Handgriff befreien kann. Alle sind aufgefordert, die Übungen nachzumachen. Und die jungen Mädchen sind sofort mit Eifer bei der Sache.

Zum Schluss wird es noch persönlich: "Haben Sie Angst?", fragt eine Teilnehmerin. Die Polizistinnen schauen sich an und verneinen. "Angst ist ein wichtiger Mechanismus. Er schützt uns. Man muss sich die Angst zunutzemachen", sagt Kampermann. Nach zwei Stunden neigt sich der Kurs dem Ende zu. "Meine Erwartungen wurden voll erfüllt. Das sind starke Frauen, die ich respektiere", sagt Laura Daoud. "Für das nächste Mal wünsche ich mir noch mehr Praxis und möchte noch mehr persönliche Erfahrungen hören. Es interessiert mich auch, wie es ist, als Frau bei der Polizei zu arbeiten." Ihre Schwester Lana kann sich vorstellen, Polizistin zu werden: "Mich interessiert der Alltag eines Polizisten. Was passiert bei der Polizei mit den Tätern?" Auch die Beamtinnen beenden den Einsatz mit einem guten Gefühl.

(eba)
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