Mönchengladbach Franz Schmidt: Der Schein und das Haben

Mönchengladbach · Franz Schmidt, Meisterschüler von Katharina Fritsch, erzählt in den Räumen des Kunstvereins MMIII mittels Fotografie und Skulptur von offenem und subtilem Begehren: "HABEN" wird am Samstag, 16. Juni, eröffnet.

Mönchengladbach: Franz Schmidt: Der Schein und das Haben
Foto: Ilgner

Ein Paar Frauenbeine, netzbestrumpft und lasziv übereinandergeschlagen, bewohnt eine Vitrine. Diese "Vitrine I" des 31-jährigen Berliner Fotografen und Bildhauers Franz Schmidt steht neben drei anderen im Kunstverein MMIII, als Teil der Ausstellung "HABEN" wird hier augenscheinlich etwas "ausgestellt". Die Beine sind aus Holz, Netzstrümpfe sind aufgeklebte Fotografie. Und sie sind mitnichten im Glaskasten zu Hause, sondern wachsen aus der Wand. Überhaupt ist die Vitrine gar keine. Kein Glas, keine Lichtleiste, sondern Holz und Lack — Skulptur eben.

Das Original mag auf dem Ku'damm in der Hauptstadt beheimatet sein, Franz Schmidts Kunst weist dahin zurück und darüber hinaus. Ins Innenleben des Betrachters, zu seinen Begierden und Vorstellungen; aufs Wesen einer Ausstellung; aufs Objekt und seine Existenz zwischen Sein und Schein.

Fährten in eine Welt dahinter

Franz Schmidt, der als Meisterschüler in der Bildhauerklasse von Katharina Fritsch vor sechs Jahren schon einmal als Gast des Kunstvereins MMIII in Mönchengladbach war — damals noch an der Künkelstraße 123 —, erzählt in seiner ersten Einzelausstellung "HABEN" von Begierde, Besitz, Leidenschaft. Seine Mittel sind Skulptur und Fotografie, seine wunderbare Gabe ist die Fähigkeit, Metaphern zu finden und zu inszenieren, Fährten zu legen in eine Welt hinter den Dingen. So wie der Titel der Ausstellung bei jedem Besucher andere Assoziationen auslösen dürfte, so weisen auch die gezeigten weiteren Arbeiten in ein Zwischenreich abseits jeder Gewissheit. Die große Raumarbeit "Trinkhalle mit Stern und Regal mit Quadern" wird von der Außenansicht einer leeren, zum Verkauf stehenden Trinkhalle im Design der 50er bestimmt, die Schmidt in den 90ern in Herne in Schwarzweiß fotografierte. Deckenhoch auf die Wand gezogen steht sie in Bezug zu einem fragil auf dem Boden staksenden großen, gelben Stern und einem halbrunden Wandregal, auf dem eine Sammlung von verschiedenfarbigen Quadern Platz findet. Obsessionen, Abgründe lauern hinter perfekten Oberflächen.

Schmidt treibt das selbst in ironischen Tönen ernste Spiel mit Ambivalenzen auch in seiner Fotografie sehr weit. Distanziert sein Blick auf Vertrautes, Anrührendes, Verletzliches. Verwirrend vielstimmig die Klänge zwischen schwarzweißen und farbigen Abbildungen von Liebespaaren, Industriebrachen oder einer Sparkasse mit tiefergelegtem Ford-Oldie. Faszinierend.

(ark)
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