Mönchengladbach Flottes Theaterjahr - von Hamlet bis Brexit

Mönchengladbach · Klassiker, Experimente und Unterhaltung: Auf diesen Säulen fußt der Spielplan des Gemeinschaftstheaters in der Saison 2018/19. Einige Stücke werden zurzeit noch geschrieben, für andere beginnen in wenigen Tagen schon die Proben.

 Eine Szene aus "Hamlet" mit Sophie Witte als Ophelia. Das Stück hat am 24. November Premiere im Theater an der Odenkirchener Straße.

Eine Szene aus "Hamlet" mit Sophie Witte als Ophelia. Das Stück hat am 24. November Premiere im Theater an der Odenkirchener Straße.

Foto: Matthias Stutte

Gleich zu Beginn der neuen Spielzeit startet im Mönchengladbacher Theater ein "Mammutprojekt". Das verkündete Schauspieldirektor Matthias Gehrt gestern bei der Vorstellung des Programms für die Saison 2018/19: "Der Meister und Margarita". Die Bühnenversion von Bulgakows oft als unspielbar bezeichnetem Roman, hat am 15. September Premiere, inszeniert von der in Russland lebenden Armenierin Zara Antonyan. So arbeitet erstmals eine Regisseurin aus der Reihe des nichteuropäischen Theaters für die große Bühne. Die Vorproben starten bald.

Das ist nicht die einzige vielversprechenden Aussicht, die Theaterintendant Michael Grosse und sein Team gestern dem Aufsichtsrat präsentierte. Auch wenn die Finanzabteilung derzeit noch rechnet, wie die höheren Personalkosten der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst sich auswirken können, bleibe die inhaltliche Kernkompetenz des Theaters, "Geschichten zu erzählen und Fragen zu beantworten, die heute bewegen" - mit Oper aus den 1950er Jahren, Stücken aus dem Nord-Irak und getanzten Erinnerungen aus Amerika. "Wir beschäftigen uns in der kommenden Spielzeit sehr mit dem Anderen in uns", sagte Michael Grosse.

Das Andere ist oft ein Experiment. Etwa wenn die Israelin Nava Zukerman Heiner Müllers Echo auf die Spätzeit der DDR - "Die Hamletmaschine" - mit ihrem eigenen politischen Hintergrund für ein deutsches Publikum aufbereitet. Oder wenn die Schweizerin Anina Jendreyko basierend auf Recherchen in Shengal und Kurdistan Schauspielerinnen der ezidischen Minderheit holt für eine Stückentwicklung - in Kooperation mit Volksbühne Basel, Schlosstheater Celle und Goethe-Institut Irak. Zu den großen Klassikern im Schauspiel gehören: Tartuffe, Antigone und Die Räuber sowie Leonce und Lena. Ehekrisen sind ein wichtiges Thema, das in Mönchengladbach mit "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" verhandelt wird, in Krefeld mit Ingmar Bergmanns "Szenen einer Ehe".

Und für die Unterhaltung gehen die tollpatschigen Ritter von Spamalot (Monty Phyton) nach Mönchengladbach, und beide Häuser des Gemeinschaftstheaters bekommen einen "Himmel über Paris" mit Chansons von Piaf und Brel. Am Stück schreibt zurzeit Lothar Kittstein (Autor von "Kein schöner Land").

Große Überraschungen birgt auch der Musiktheaterspielplan: Die "Faschingsfee", die in der noch laufenden Spielzeit in Mönchengladbach begeisterte, kommt in der nächsten Spielzeit nach Krefeld. Ebenso Mozarts "Zauberflöte" in der Inszenierung von Kobie van Rensburg. Andere Raritäten werden erstmals am Haus aufgeführt: Poulencs "Gespräche der Karmeliterinnen" und "Der Goldene Drache" von Eötvös (in Krefeld) oder "Hamlet" von Ambroise Thomas (in Mönchengladbach).

Mit "Orpheus in der Unterwelt" läutet das Theater im Rheydter Haus das Offenbach-Jahr ein. Es wird bunt, wenn Hinrich Hortstkotte es mit seinen überbordend fantasievollen Ideen auf die Bühne bringt. Eine satirische Musikrevue nach dem Londoner Erfolgsduo Gilbert & Sullivan heißt "Let's Stop Brexit": Theresa May wird gekidnappt und durch ein Double ersetzt.

Fantasien zu regierenden Personen hat auch Robert North. Sein Ballett "Living in America" erzählt die Geschichte des Westens aus seiner persönlichen Perspektive. Zu Westernhelden, Gangstern und Trump falle ihm da einiges ein. Auch die jungen Choreografen haben wieder Gelegenheit, eigene Produktionen zu kreieren.

Ab heute ist das Spielplanheft erhältlich. Nicht nur die Optik ist neu, sondern auch der Inhalt. Es hat einen 70-seitigen Magazinteil aus dem und über das Theater. "Es gibt einen Moment, den das Publikum niemals miterlebt: die letzten Sekunden unmittelbar vor dem Auftritt", sagte Theaterfotograf Matthias Stutte. Solche Moment hat er mit der Kamera eingefangen: das Warten in der Gasse, die Konzentration, aber auch den Jux in der Probenpause. Karten gibt es ab 2. Mai.

(RP)
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