Opa-Kolumne Warum Opa bei „Smoke on the water“ ausflippt

Mönchengladbach · Als Fan von Deep Purple, Led Zeppelin und Metallica ist es nur schwer zu verdauen, wenn die Enkelkinder auf Mark Forster, Tim Bendzko und Helene Fischer stehen. Unser Kolumnist konnte aber mit Headbanging einen Wandel bewirken.

 Dieter Weber

Dieter Weber

Foto: Ilgner

Heute schreiben wir darüber, was wir an Enkelkinder weitergeben. Nein, nicht die Brockhaus-Enzyklopädie und auch keine Lego-Kisten. Sondern unsere Einstellungen, Meinungen, Motivationen – kurzum: unser Leben. Seien wir ehrlich: Wir Großeltern sind stolz wie Oskar, wenn sich ein bisschen etwas von uns in unseren Kindeskindern wiederfindet. Den Stoßseufzer „Wie der Opa!“ überhören wir hier mal geflissentlich! Das wäre auch in mancher Hinsicht fatal. Meine Glatze wünsche ich meinen Enkeltöchtern jedenfalls nicht.

 Als ich jüngst Hannah (10) zum Cello-Unterricht fuhr, fragte sie: „Opa, du bist doch auch evangelisch?“ Ich habe ihr gesagt, dass ich mit voller Überzeugung Protestant sei. Es entspann sich ein ernstes Gespräch. Ich erzählte ihr, dass ich als Kind mit meinen zwei besten Freunden nicht in eine Schulklasse gehen durfte, weil es unterschiedliche, aber benachbarte Schulen für Protestanten und Katholiken gab, wir nicht einmal auf dem Schulhof gemeinsam spielen durften, da ein Mäuerchen die Schulhöfe abgrenzte. Hannah war baff. „Voll doof. Meine Freundin ist katholisch, eine andere ist Muslimin. Wir sind in einer Klasse und machen viel zusammen. Ich finde es gut, dass bei uns Evangelischen auch Frauen Pfarrerinnen werden können“, sagte sie. Hm, ja, ich muss gestehen: Ihre Meinung hat mich stolz gemacht.

 Und nun müssen Sie hart sein, vielleicht werden Sie wegen meines Musikgeschmacks sogar die Nase rümpfen. Denn ich gestehe: Ich kann der Musik von Helene Fischer, Mark Forster und Tim Bendzko nichts abgewinnen. Das liegt daran, dass ich in meiner Jugendzeit die Alternative zwischen Roy Black und Marianne Rosenberg auf der einen und Led Zeppelin und der Edgar Broughton Band auf der anderen Seite hatte. Ich habe mich für 2, die wilde Variante, entschieden. Das wirkt nach. Auch als mir Matilda (6) ihre Hitparade präsentierte. Die Hits werden heute gestreamt, und meine Enkelin hatte sich ihre Lieblingssongs auf dem TV-Gerät gespeichert. Platz 1: Mark Forster; Platz 2: Tim Bendzko; Platz 3: die Fischerin. Matilda sang die Hits mit, schloss dabei verzückt die Augen, tänzelte herum. Liebe Omas und Opas im Geiste, die sich deshalb mit mir darüber grämen: Ich habe gekontert.

 Nach ewig langem Suchen eines technisch Unbegabten fand ich im Stream-Programm einen Rock-Klassiker: „Smoke on the water“ von Deep Purple. Sie erinnern sich hoffentlich an den wunderbaren Intro-Riff des Songs! Als Opa, der um die multimediale Wirkung weiß, habe ich beim Abspielen den Deep-Purple-Gitarristen Ritchie Blackmore gleich mitgespielt: also wildes Kopfschütteln, sogenanntes Headbanging, aber ohne Haare, dazu Luftgitarre und Tänze auf einer imaginären Bühne.

Enkelin Elisa (3) gluckste vor Vergnügen. Matilda starrte mich mit offenem Mund an, dann schwand ihre Zurückhaltung, und sie machte mit. Ein bisschen jedenfalls, denn es kann nur einen Ritchie Blackmore an der Luftgitarre geben. Mich! Danach kam Opa so richtig in Fahrt: „Stairway to heaven“ von Led Zeppelin, „Jump“ von Van Halen, „Nothing else matters“ von Metallica.

 Am nächsten Tag rief meine Schwiegertochter an. „Matilda hat von deinem Headbanging erzählt“, druckste sie herum, „nun will sie Helene Fischer nicht mehr hören. Sondern ,Smoke on the water‘. Und Van Halen.“ Yeah! Yeah! Yeah! Ritchie sei Dank! Und ich weiß jetzt, wem ich meine alte Bassgitarre vermache.

Dieter Weber ist Opa von Hannah (10), Matilda (6) und Elisa (3). An dieser Stelle berichtet er regelmäßig vom aufregenden Opa-Leben. Foto: Detlef Ilgner

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