Natur-Kolumne Tarnung ist alles

Mönchengladbach · Wie kann man unsichtbar werden – ohne Harry-Potter-Umhang? Tiere im Wald machen es uns vor. Unsere Kolumnistin hat ganz genau hingeschaut. Und sie verrät uns ein neues spannendes Spiel.

 Elke Kamper

Elke Kamper

Foto: Tessa Fischer

Manchmal kann ich es kaum glauben, aber es gibt wirklich eine Vielzahl von Tieren im Wald, die wir  so gut wie nie zu Gesicht bekommen, oder eigentlich müsste ich sagen, nicht zu Gesicht bekommen sollen. Für diese Tiere ist ihre Tarnung lebenswichtig, weil eigentlich jedes Tier im Wald natürliche Fressfeinde hat. Tarnung ist aber auch wichtig, um selber an die begehrteste Beute ranzukommen. Es ist von Vorteil, ein „unsichtbares Tier“ zu werden, und wenn das nicht geht, weil der Harry-Potter-Tarnumhang fehlt, dann sollte ein Tier zumindest so unauffällig wie möglich zu sein. Schauen wir uns einmal ein paar meiner liebsten „unsichtbaren“ Tiere an.  Mein Favorit: das Tagpfauenauge. Mit einem genialen Trick kann sich der Schmetterling des Jahres 2009 vor seinen Fressfeinden, etwa Fledermäusen, Eidechsen oder Spinnen, schützen. So schön er auch erstrahlt, wenn er durch die Lüfte fliegt – im Ruhezustand wird aus dem Tagpfauenauge ein graues „Nichts“. Denn die Unterseite seiner Flügel ist dunkelgrau bis braun und wirkt auf den ersten Blick wie ein altes, welkes Blatt. Streng genommen ist sogar die strahlende Seite des Schmetterlings, die vier Augen auf rostrotem Hintergrund, überlebenswichtig. Die tolle Flügelzeichnung dient natürlich nicht zur Tarnung, sondern der Abschreckung. Ein echter Doppelagent, dieses Tagpfauenauge.

Spannend wie ein Waldkrimi ist aber auch das Leben des Feldhasen. Seine Fressfeinde sind echt nicht „ohne“. Mit Greifvögeln, Füchsen und Wildkatzen möchte sich niemand freiwillig anlegen.  Der Feldhase ist sehr scheu, er lebt am Waldrand und im Wald. Seine Strategie: Leben in der Sasse! Diese Sasse ist eine Mulde in der Erde und kein Bau wie bei den Kaninchen. In diese Mulde legt sich der Hase flach hinein, wenn er mit seiner Taktik des Hakenschlagens die Fressfeinde nicht völlig loswerden konnte. Seine extrem langen Ohren legt er flach an den Körper an und wird so fast eins mit dem Boden. Also: Beim nächsten Waldspaziergang sollten alle die Augen offen halten, wo sie überall Hinweise auf „unsichtbare Tiere“ entdecken. Eine Höhle, ein Bau, eine Sasse, ein getarntes Tagpfauenauge oder ein Birkenspanner (die findet ihr auf welchem Baum? Ratet mal!).

Oder ihr spielt als Familie oder mit Freunden selber mal ein Tarnspiel: Alle bis auf eine Person (Suchender) verstecken sich im Wald. Sie sind leise und sollten perfekt getarnt sein. Eine knallige Jacke etwa verdeckt man am besten oder zieht sie vorher aus. Der oder die Suchende steht mit dem Rücken zum Gelände, das ruhig waldig und unübersichtlich sein darf. Ziel des Spiels ist, dass die suchende Person möglichst viele der Mitspielenden von ihrem Platz aus erspäht. Die Person darf nämlich nicht, anders als beim Fangenspielen, ihren Platz verlassen. Die suchende Person ruft: „Ich drehe mich um, Tarnung ist alles!“ Alle anderen erstarren sofort und versuchen – top getarnt – ganz still zu sein. Sieht die suchende Person eine andere, zeigt sie mit dem Finger auf diese und ruft den Namen und dazu: „Du bist enttarnt.“ Dieses Spiel wiederholt sich. Umdrehen, rufen, Tarnung aufdecken und kundtun. Gewonnen hat, wer als einzige Person gut getarnt so nah wie möglich an den Suchenden herankommt, bevor das Spiel endet. Hierbei ist es sinnvoll, zuvor eine Zeit festzulegen. Anfangs sind zehn Minuten genug. Profis spielen auch schon mal bis zu einer halben Stunde. Dann fallen einem immer mehr gute Tarntricks ein. Bis bald im Wald!

Elke Kamper ist Naturerlebnispädagogin, Wildbienenexpertin,  Entspannungspädagogin und Mutter von zwei Kindern.
Foto: Tessa Fischer

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