Frühe Hilfen in Mönchengladbach Lotsen fürs Familienglück

Mönchengladbach · Ein neuer Dienst in den Mönchengladbacher Geburtskliniken hilft jungen Familien, sich schnell im Alltag zurechtzufinden. Der Beratungsbedarf ist oft groß. In vier Wochen gab es schon 161 Kontakte.

 Junge Mütter haben nach der Geburt oft viele Fragen und kennen selten alle Hilfsangebote.

Junge Mütter haben nach der Geburt oft viele Fragen und kennen selten alle Hilfsangebote.

Foto: dpa/Fabian Strauch

„Ich habe einen tollen Arbeitsplatz, ich schaue immer nur in strahlende Gesichter“, sagt Grit Grüttner. Die Sozialpädagogin arbeitet als Lotsin in der Geburtsklinik des Elisabeth-Krankenhauses in Rheydt. Ihre Kollegin Yvonne Messerschmidt ist im Krankenhaus Neuwerk tätig. Beide besuchen junge Mütter, während sie noch mit ihrem Neugeborenen im Krankenhaus sind.  Sie lernen die Mütter und gegebenenfalls die Väter kennen, erklären Angebote des Gesundheitssystems, vermitteln Unterstützung im Alltag und sind so früh zur Stelle, dass die junge Familie hoffentlich niemals in einen Zustand der Überforderung rutscht.

Das Angebot des Lotsendienstes macht die städtische Fachstelle Frühe Hilfen in Zusammenarbeit mit den Geburtskliniken in Mönchengladbach für Mönchengladbacher Familien. „Das ist ein tolles Projekt, das uns sehr am Herzen liegt“, sagt Sozialdezernentin Dörte Schall. „Der Lotsendienst ist da, wenn sich den Eltern nach der Geburt viele Fragen stellen.“ Fragen nach Unterstützung und Hilfe zum Beispiel, aber nicht nur.

„Die Eltern haben heute viel mehr Fragen“, weiß Ralf Dürselen, Chefarzt der Neuwerker Geburtsklinik. Viele sind sehr verunsichert, denn die familiären Strukturen, die früher für einen verlässlichen Rahmen gesorgt haben, sind weggebrochen. Die Oma wohnt weit weg und steht nicht mehr selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite. Die jungen Eltern sind auf sich gestellt und fühlen sich bei der Versorgung des Neugeborenen unter Umständen ebenso unsicher wie bei der Frage, welche Unterstützungsangebote es gibt oder welche Anträge wann wo gestellt werden müssen. Deshalb wird das Angebot der Lotsinnen gern angenommen, sie sind jedenfalls bisher noch niemals auf Ablehnung gestoßen. „Es ist eine besondere Situation in einem geschützten Rahmen“, erklärt Yvonne Messerschmidt. „Der Gesprächsbedarf ist hoch, die Eltern fangen meist direkt an zu erzählen.“ Und so erfahren die Lotsinnen schnell, wo der individuelle Bedarf liegt und können Angebote vorstellen, Kontakte vermitteln und Hemmschwellen abbauen.

Wie  zum Beispiel bei der 22-jährigen Syrerin, die gut Deutsch spricht, das deutsche Gesundheitswesen aber nicht wirklich kennt. Sie hat keine Hebamme zur Nachsorge, sie kennt aber auch das  deutsche System der Vorsorgeuntersuchungen für das Baby nicht. Und wovon man nichts weiß, danach kann man auch nicht fragen. „Ich habe ihr eine Familienhebamme und eine Familienpflegerin vermittelt“, sagtt Grit Grüttner.  Und so habe sie sichergestellt, dass Mutter und Baby nicht durchs Hilfenetz fallen.

Oder da ist die 19-jährige Gladbacherin, die Unterstützung bei Behördenangelegenheiten braucht. Auch ihr wird über die Fachstelle Frühe Hilfen eine Familienhebamme vermittelt. Sie wird bei Ämtergängen begleitet und gemeinsam wird ein Kinderarzt in Wohnortnähe gesucht. „Und dann hat sie noch die Familienkarte bekommen“, sagt Yvonne Messerschmidt und lacht. Die Familienhebamme ist auch der Kontakt der Wahl bei der 38-Jährigen, die lange auf ihr Wunschkind gewartet hat und nun von besonderen Ängsten geplagt ist, weil das Baby ein Jahr lang einen Überwachungsmonitor braucht.

 Grit Grüttner.

Grit Grüttner.

Foto: Stadt MG
 Yvonne Messerschmidt.

Yvonne Messerschmidt.

Foto: Stadt MG

Die Lotsinnen suchen von sich aus den Kontakt zur jungen Familie, aber auch die Teams der Geburtskliniken sind aufmerksam, erkennen potenzielle Belastungen oder Risiken und informieren die Lotsinnen. Der Bedarf ist jedenfalls groß. In den knapp vier Wochen ihrer Tätigkeit haben die beiden Lotsinnen 161 Kontakte gehabt: Sie haben Kurse oder Beratungsstellen empfohlen, Hebammenpraxen oder Kinderärzte genannt. Sie haben aber auch 21-mal intensive Sozialberatungen durchgeführt und 18-mal dafür gesorgt, dass der übliche Willkommensbesuch zu Hause früher erfolgte, eine Familienhebamme oder eine Familienpflegerin hinzugezogen und damit Überforderung vorgebeugt wurde. Denn je früher Familien Hilfe und Unterstützung erfahren, desto schneller lassen sich Probleme lösen.

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