Geschlossene Schulen in Mönchengladbach So gelingt das Lernen zu Hause

Mönchengladbach · Wie schaffen es Eltern, ihre Kinder zum Erledigen der schulischen Aufgaben zu motivieren, wenn die Schule wochenlang ausfällt? Melanie Hartl, Mutter von zwei Kindern und selbst Lehrerin, gibt Tipps.

 Lehrerin Melanie Hartl unterrichtet ihre Kinder Florian (11) und Lena (9) zu Hause.

Lehrerin Melanie Hartl unterrichtet ihre Kinder Florian (11) und Lena (9) zu Hause.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Zuerst haben die Kinder gejubelt: sie dachten, die geschlossenen Lehranstalten bescheren ihnen fünf Wochen Osterferien. Aber weit gefehlt – die Schulen stellen Unterrichtsmaterialien zur Verfügung und verteilen per Email Aufgaben. Jetzt soll zu Hause gelernt und gearbeitet werden. Das stellt Familien vor besondere Probleme. Wie die Kinder zum Arbeiten motivieren? Wie die Pausen oder die Freizeit planen und gestalten? Melanie Hartl ist Lehrerin für Deutsch und Erziehungswissenschaften am Math.-Nat.-Gymnasium und Mutter von zwei Kindern. Sie ist also privat mit der Situation konfrontiert wie so viele Familien im Lande, hat aber auch einen professionellen Blick auf die Lage.

„Das Wichtigste“, sagt sie, „sind feste Strukturen. Wir haben uns in der Familie auf einen gemeinsamen Zeitplan verständigt.“ Ihr Sohn Florian ist 11 Jahre und geht in die 6. Klasse, Tochter Lena ist 9 Jahre und besucht die 4. Klasse. Morgens um halb neun sitzt die Familie beim Frühstück, ab 9 Uhr beginnt die Arbeitsphase. „Die Kinder setzen sich zu Anfang Ziele und legen fest, wie weit sie kommen möchten“, erklärt Hartl. Auch sie selbst sitzt am Schreibtisch und beschäftigt sich beispielsweise mit den Abiturvorbereitungen. „Ich bin natürlich schon in einer komfortablen Situation, weil ich jetzt zu Hause bin. Außerdem sind die Kinder es gewohnt, dass ich auch zu Hause arbeite, dass Daheimsein also nicht automatisch gleich Freizeit ist“, sagt Hartl.

Die Arbeitsphase dauert 90 Minuten, dann folgt eine Pause von einer halben Stunde, anschließend werden noch einmal 90 Minuten gearbeitet. „Wenn wir die selbst gesetzten Ziele erreicht haben, gibt es auch eine Belohnung“, erklärt Hartl. In Zeiten, in denen Kinos, Schwimmbäder und selbst Spielplätze geschlossen sind, bestehen die Belohnungen aus den kleinen Dingen des Lebens: das Lieblingsessen wird gekocht, ein Kuchen gebacken, abends eine DVD geguckt. Aber auf Dauer, meint die Pädagogin, kommt man vielleicht auch ohne Belohnungen aus. „Heimbeschulung basiert auf Selbstständigkeit“, stellt sie fest. „Vielleicht ist es gut, jetzt die Grundtugenden Fleiß, Disziplin und Sorgfalt, die lange Zeit zu wenig geschätzt wurden, wieder in den Blick zu nehmen.“ Es sei ein großartiges Gefühl, etwas geschafft zu haben, was man sich vorgenommen habe. Also eigentlich Motivation genug, um zu arbeiten und zu lernen. Intrinsische Motivation nennt sich das, die Motivation von innen heraus.

Aber die intrinsische Motivation ist nicht allgemein verbreitet und nicht alle Eltern sind zu Hause und merken, ob die Kinder die Arbeits- und Pausenphasen entsprechend umsetzen. „Auch dann kann man Dinge vorgeben, die innerhalb des Tages abgearbeitet und abgehakt werden“, sagt Hartl. Dazu kann auch das Ausräumen des Geschirrspülers gehören, denn: „Beschäftigung tut gut. Wir würden wohl alle in den Tag hinein leben, wenn wir keine Aufgaben hätten, aber es würde uns nicht zufrieden stellen.“

Und wenn die Schulaufgaben erledigt sind, der Tag aber noch lang? „Vokabeln lernen oder Rechtschreibung üben geht immer“, sagt Hartl. „Oder Mappen in Ordnung bringen. Auf meinem Schreibtisch liegen auch Blätter, die ich seit Ewigkeiten abheften will.“ Doch die Kinder verbringen jetzt nicht nur die Schulzeit, sondern auch die Freizeit zu Hause. „Ich glaube, dass es jetzt nötig ist, neben den gemeinsam verbrachten Zeiten auch darauf zu achten, dass es Zeiten gibt, die jeder möglichst räumlich getrennt auch allein verbringt“, sagt sie. Um Impulse von außen zu bekommen, können Bücher, CDs und DVDs ausgetauscht werden. Und: „Wir sollten das Beste aus der Situation machen. Die Entschleunigung, die die Corona-Krise hervorruft, kann in der Familie auch viel Positives bewirken.“

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