Begeisterung für Bücher wecken Lesefutter für Jungs

Mönchengladbach · Jungen sind häufig schwerer fürs Lesen zu begeistern als Mädchen. Dass es dennoch gelingen kann, stellt die Stadtbücherei Mönchengladbach unter anderem mit dem Sommerleseclub unter Beweis.

 Beim Sommerleseclub in Mönchengladbach machen Jungs die Hälfte der Teilnehmer aus. Die Stadtbücherei hat eine eigene Ecke mit Lesestoff für „echte Kerle“.

Beim Sommerleseclub in Mönchengladbach machen Jungs die Hälfte der Teilnehmer aus. Die Stadtbücherei hat eine eigene Ecke mit Lesestoff für „echte Kerle“.

Foto: Pixabay

Lesen ist etwas für echte Kerle. Zumindest in Mönchengladbach. Dort gelingt es dem Sommerleseclub immer wieder, auch die oft nicht so buchstabenaffinen Jungen für das Lesen zu gewinnen. Die Hälfte der Teilnehmer an diesem Erfolgsangebot der Stadtbücherei ist männlich. Das ist ungewöhnlich. „Andere Städte blicken mit Neid auf diese Zahlen“, sagt Brigitte Behrendt, Leiterin der Stadtbücherei. Der Erfolg der Leseförderung liegt sicher am attraktiven Kooperationspartner Borussia Mönchengladbach, aber auch an der Auswahl des Lesefutters. Denn Jungen wollen oft andere Bücher lesen als Mädchen. Und diese Lektüre steht in der Stadtbücherei sogar in einer eigens eingerichteten Ecke „Für Jungs“ bereit.

Lesen ist nicht nur irgendein Hobby, Lesen ist eine grundlegende Fähigkeit, die über die Zukunft von Kindern entscheiden kann „Lesekompetenz ist eine zentrale Voraussetzung für Bildungskarrieren von Jungen und Mädchen“, heißt es in der IGLU 2016, der internationalen Vergleichsstudie zur Lesekompetenz von Grundschülern. Und da schneiden Jungen meist schlechter ab als Mädchen. Der Unterschied wächst mit dem Alter und erreicht seinen Höhepunkt bei den Jugendlichen. Gleichzeitig seien Jungen an den Gymnasien unterrepräsentiert, machten seltener Abitur, verließen die Schule häufiger ohne Abschluss oder wiederholten eine Klasse, listet die Studie auf. Die Vermutung liegt nahe, dass der geringere Schulerfolg auch mit der Lesekompetenz zu tun hat.

Wenn dem so ist, muss man sich um den Schulerfolg von Finn, Jannik und Mehmet keine Sorgen machen: Sie gehören zu den Spitzenlesern des vergangenen Jahres und haben zwischen 106 (Finn) und 50  (Mehmet) Bücher während der Sommerferien gelesen. Hut ab vor dieser Leistung! Sie hängt natürlich auch damit zusammen, dass genug spannende Literatur, die die Jungen anspricht, zur Verfügung steht. Denn während viele Mädchen auch Jungenbücher lesen, lesen die meisten Jungen – zumindest im Alter zwischen 9 und 13 Jahren – ganz bestimmt keine Mädchenbücher. Deswegen wurde in der Stadtbücherei die Leseecke für Jungen auch ziemlich weit entfernt vom Regal mit glitzernder Einhorn-Literatur eingerichtet. Aber es geht nicht nur um die Einbände der Bücher, obwohl bei den Jungs da eindeutig Monster und eine abenteuerliche Anmutung gefragt sind. Es geht natürlich auch um Inhalte. „Jungen lesen Bücher über männliche Protagonisten, mit denen sie sich identifizieren können“, sagt Brigitte Behrendt. Idealerweise sollten die Bücher nicht zu dick sein. Nicht umsonst ist Gregs Tagebuch seit Jahren ein Renner – die jungen Leser lieben die Geschichten von Greg samt Zeichnungen, erkennen die alltäglichen Katastrophen wieder und sind von Witz und Humor begeistert. Auch Mädchen mögen Greg. Aber bisher habe kein Junge die Dork Diaries ausgeliehen, eine vergleichbare Reihe aus der Sicht eines Mädchens, berichtet Ursula Schmidt-Coenen, Kinder- und Jugendbuchlektorin der Stadtbücherei. Die Jungen stürzten sich dagegen auf die actionreiche Fantasy-Serie Beast Quest, in der Monster bekämpft werden. „Die reißen sie uns aus der Hand“, sagt Schmidt-Coenen.  Reine Fußballgeschichten gehen nicht mehr so gut – „vielleicht weil neuerdings zu viele Mädchen darin auftauchen“, vermutet die Kinderbuchlektorin. Aber Bücher über Superhelden, Spionage und,  ja, Monster laufen gut. Und wenn die Kinder einmal das Lesen entdeckt haben, lassen sie sich nicht mehr so leicht davon abbringen. Brigitte Behrendt berichtet von einem Zwölfjährigen, der beim Besuch mit der Klasse in der Stadtbücherei von seinem Lehrer zum Lesen animiert wurde, obwohl er sagte, er spiele lieber Fußball. Kurze Zeit später tauchte er auch im Sommerleseclub auf und erzählte, dass er nicht mehr ohne Bücher auf den Sportplatz gehe. „Er liest, wenn er auf der Ersatzbank sitzt“, sagt die Leiterin der Stadtbücherei.

(RP)
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