Mönchengladbach Familie oder Verein: Treue steht obenan

Mönchengladbach · Christian Hochstätter war schon ein Auslaufmodell, als er noch bei Borussia spielte. Die ganze Zeit als Profi, 17 Jahre lang, bei einem einzigen Verein unter Vertrag, das gibt es heute nicht mehr. Die Zeiten eines Uwe Kamps, eines Thomas Schaaf, eines Michael Zorc und eines Christian Hochstätter sind längst vorbei. "Die Voraussetzungen sind seit dem Bosman-Urteil anders. Es ist viel leichter geworden zu wechseln", sagt "Howie".

Natürlich hat auch er Angebote von anderen Vereinen gehabt, vor allem, als er 1987 seine beiden Länderspiele machte. Nürnberg, Uerdingen klopften an, auch in die Türkei hätte Hochstätter gehen können. Doch er hat sich entschieden zu bleiben. "Nur 1992, da war ich schon so gut wie weg. Weil ich mit Trainer Jürgen Gelsdorf nicht klarkam." Doch dann konnte er drei Monate wegen eines Bänderrisses nicht spielen. Als er wieder fit wurde, war Gelsdorf weg und Bernd Krauss als neuer Trainer da. Hochstätter blieb – und erlebte noch erfolgreiche Jahre mit dem Pokalsieg 1995 als Krönung.

"Vielleicht wäre ich doch mal gegangen, wenn ich einen Berater gehabt hätte. Dann hätte ich eventuell auch im Ausland andere Kulturen und Sprachen kennengelernt", sagt Hochstätter. "Aber ich trauere möglicherweise verpassten Chancen nicht nach. Das wäre müßig, denn mein Leben ist nun mal so gelaufen. Und ich lebe im Jetzt, nicht in der Vergangenheit."

Und im Heute fühlt er sich wohl. In der Familie mit (immer noch derselben) Frau Claudia, die er in Mönchengladbach kennengelernt hat, seinen inzwischen 19 und 22 Jahre alten Kindern, von denen Christian nun sein Abitur macht und Sarah in der Kölner Werbeagentur arbeitet, für die der Vater jetzt auch tätig ist. Er fühlt sich wohl in seinem Dreifamilienhaus in Korschenbroich, das er 1996 gebaut hat, in seinem großen Freundeskreis, der zum größten Teil mit Fußball nichts zu tun hat. Und auch in seinem neuen Beruf. "Im Fußball hat sich nach Hannover bislang nichts angeboten, was eine Herausforderung für mich gewesen wäre."

All das hat er alleine oder mit der Familie entschieden. Auf eigene Faust hat er auch 1982 den Entschluss gefasst, zu Borussia zu gehen. Armin Veh, heute Trainer bei Eintracht Frankfurt, spielte dabei den Vermittler. "Wir hatten als Jungs in Augsburg zusammen in der Schulmannschaft gespielt. Armin war schon 1979 zu Borussia gegangen und rief mich dann eines Tages an, ob ich Lust hätte, zum Probetraining nach Gladbach zu kommen", erzählt Hochstätter. Natürlich hatte er Lust. "Denn ich bin zwar gebürtiger Bayer, war aber immer schon Borussia-Fan. Und Günter Netzer war mein Vorbild." So fuhr er an den Bökelberg, machte vier Tage unter Jupp Heynckes beim Training mit und bekam ein Vertragsangebot – das er noch vor der Heimfahrt unterschrieb. "Ich wollte eigentlich noch mit meinem Vater reden, doch Borussias Geschäftsführer, Herr Grashoff, sagte, ich sei doch volljährig und müsste allmählich selbst entscheiden."

Hochstätters Onkel war übrigens nicht an dieser Geschichte beteiligt. Der heißt Helmut Haller, war einst Nationalspieler und in Italien beim AC Bologna und AC Florenz unter Vertrag. "Ich habe ihn erst später kennengelernt. Er hat mich dann mal gefragt, ob ich nach Italien wechseln wollte. Aber die Frage hat sich für mich gar nicht gestellt", berichtet Christian Hochstätter. Er war halt schon immer ein ganz Treuer.

(RP)
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