Mönchengladbach Endlich ein Integrationshelfer für Sebastian

Mönchengladbach · Vor Gericht kämpften Eltern eines behinderten Schülers der Katholischen Hauptschule Neuwerk erfolgreich gegen den Kreis Viersen um einen Integrationshelfer für ihren Sohn. Anderen Familien in ähnlicher Lage machen die Eltern Mut.

 Die Zahl der Kinder, die im Unterricht Hilfe von einem Integrationshelfer brauchen, wächst seit Jahren.

Die Zahl der Kinder, die im Unterricht Hilfe von einem Integrationshelfer brauchen, wächst seit Jahren.

Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Vor Gericht kämpften Eltern eines behinderten Schülers der Katholischen Hauptschule Neuwerk erfolgreich gegen den Kreis Viersen um einen Integrationshelfer für ihren Sohn. Anderen Familien in ähnlicher Lage machen die Eltern Mut.

Sebastian Möller aus Neersen kommt jeden Tag mit dem Bus in die katholische Hauptschule in Neuwerk. Neben dem 14-Jährigen sitzt seit Mitte Januar ein junger Mann in der Schule, der seinen Bundesfreiwilligendienst ableistet. Auf Vermittlung der Lebenshilfe im Kreis Viersen und mit Hilfe des Landessozialgerichtes in Essen kamen Sebastians Eltern Cornelia und Thomas Möller an den jungen Mann: Er ist Sebastians Integrationshelfer. "Der ist wie sein Schatten", sagt die Mutter des Schülers.

"Ein paarmal haben wir gesagt, wir hören auf"

Ohne dessen Hilfe könnte der Junge, der Deutsch, Geschichte, Biologie und Werken in der Schule besonders gerne mag, den Schulalltag nicht bewältigen. Zu viele Situationen gibt es für ihn im ganz normalen Schulalltag, die den 14-Jährigen aus dem Takt bringen. Doch bis es so weit war, vergingen fast zwei Jahre. "Ein paarmal haben wir schon auf halbem Weg gesagt, wir hören auf", sagt Thomas Möller. Jetzt sind sie froh, dass sie durchgehalten haben, und wollen anderen Eltern Mut machen, die in einer ähnlichen Situation sind. Denn immer mehr Schüler sind im Unterricht auf individuelle Förderung angewiesen.

Im Mai 2012 — damals besuchte der Junge noch die Willi-Graf-Realschule in Schiefbahn — stellten Experten bei Sebastian eine leichte geistige Behinderung fest. Weil Sebastian in der Schule in Mathematik Probleme bekam und sein Sozialverhalten auffällig war, suchten die Eltern Hilfe. Wegen des Untersuchungsergebnisses stellten sie einen Antrag auf einen Integrationshelfer.

Die Stadt Willich, damals noch der zuständige Schulträger, lehnte ab, sagte, sie sei nicht zuständig. Auch der Kreis Viersen lehnte ab. Seine Argumentation: Vor dem Hintergrund der Inklusion müsse das Problem in der Schule gelöst werden.

Um Sebastian, der Ostern 2013 die Schule gewechselt hatte und nun die Hauptschule in Neuwerk besucht, nicht im Regen stehen zu lassen, bezahlten seine Eltern zunächst aus eigener Tasche stundenweise eine Studentin, die gleichsam als Integrationshelferin fungierte. Auch die Hauptschule in Neuwerk unterstützte die Eltern und Sebastian nach Kräften.

Kostenpunkt: 700 Euro im Monat

Parallel dazu zogen die Möllers vor Gericht. Beim Sozialgericht in Düsseldorf scheiterten sie aber. Es gab im September 2013 dem Kreis Viersen Recht. Die Anwältin der Möllers strengte darauf ein Eilverfahren beim Landessozialgericht in Essen an, das zu Jahresbeginn ein Urteil fällte, das rechtskräftig ist: Der Kreis Viersen muss einen Integrationshelfer bezahlen, er kostet 700 Euro im Monat. Seit Mitte Januar hat Sebastian nun seinen Integrationshelfer, und er fühlt sich in der Schule besser.

Das Landessozialgericht in Essen habe geurteilt, dass ein Rechtsstreit, ob der Schulträger oder der Sozialhilfeträger bezahlen müsse, in keinem Falle zu Lasten des Kindes ausgehen dürfe, fasst Thomas Möller das Urteil zusammen.

Der Kreis Viersen habe nach Auffassung des Gerichtes nichts getan, um zu prüfen, ob einIntegrationshelfer nötig sei und in welcher Qualität. Hintergrund für das Urteil ist der politische Streit, wer für Kosten inklusiver Beschulung zuständig ist. Der Kreis sieht das Land in der Verantwortung, das Land fordert hingegen Hilfe vom Bund.

Sebastian geht wieder gerne zur Schule. Der Integrationshelfer ist an seiner Seite, um ihm beizustehen, wenn eine Situation in der Schule ihm Angst macht und er sich am liebsten verkriechen möchte, wie er es früher zuweilen getan hat.

(RP)
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