Mönchengladbach Einmal um die Welt gezimmert

Mönchengladbach · Drei Jahre und drei Monate hatte Robert Königs sein Zuhause nicht gesehen. Er war als Tischler-Geselle auf traditioneller Wanderschaft und arbeitete so in vielen Ländern auf der Welt. Seit dieser Woche ist er wieder in Mönchengladbach – und will gleich wieder weg.

Er wusste nichts vom Vitusbad. Wo Borussia mittlerweile seinen Bundesligaspiele austrägt, davon hatte er auch keine Ahnung. Dafür konnte er seinen Kollegen von damals etwas ganz anderes erzählen: „Die Schrauben in China und Japan – alles Müll. Die taugen zu nichts“, erzählt Robert Königs. Der erste Gang in einen schlichten Baumarkt in Deutschland war für den 26-Jährigen wie ein Schluck Wasser für einen Durstigen. „Hier ist fast alles top“, sagt er. Königs muss es wissen. Er hat in den vergangenen drei Jahren so ziemlich überall auf der Welt in seinem Beruf als Tischler gearbeitet, als Wandergeselle. Nur mit ein paar Werkzeugen, Unterwäsche und einem Schlafsack in seinem Bündel (dem „Charlottenburger“) und seiner Kluft am Leib zog er drei Jahre, drei Monate und 18 Tage durch Deutschland und die Welt.

Keinen Cent in der Tasche

Früher war es Pflicht für jeden Gesellen, heute muss man diese Wanderer schon mit der Lupe suchen: Mindestens drei Jahre und einen Tag durfte sich der Geselle nach seiner Prüfung nicht seinem Zuhause nähern, wenn er Meister in seinem Handwerk werden wollte. In Deutschland sind zurzeit rund 700 solcher Wandergesellen unterwegs. Sie sind in Gesellenvereinigungen organisiert, Königs ist bei den „Rechtschaffenen Fremden“. Auf seiner Reise erhält der Wanderer Unterstützung von den heimisch gewordenen Kollegen, die die Reise bereits hinter sich haben. „Ich wollte etwas sehen und lernen, nicht nur an einem Ort leben“, erklärt der Gladbacher sein permanentes Leben in Ungewissheit und dreht sich mit seinen rauen, abgearbeiteten Fingern eine Zigarette. „Manchmal hatte ich keinen Cent in der Tasche.“

Zu Fuß oder per Anhalter ging er zunächst durch Deutschland. Öffentliche Verkehrsmittel verbietet der Ehrenkodex. Immer wieder machte er in Städten Halt, um ein wenig zu arbeiten. „Man geht morgens los und weiß manchmal nicht, wo man abends schläft“, erklärt er. Geklappt hat es aber irgendwie immer: Die Polizei organisierte für ihn und 25 Kollegen in Vechta zum Beispiel ein altes Bürogebäude und ein einfaches Frühstück. In Hamburg heuerte er schließlich als Schreiner auf einem Schiff an und fuhr damit fast ein Mal um die Welt. „Das war manchmal wie Himmel und Hölle“, deutet er an. „Ich hatte mir den Daumen gebrochen und musste in Hamburg runter vom Schiff.“

„Hallo“ und „Tschüss“

Gestern kam er zum ersten Mal wieder in seinen Ausbildungsbetrieb, der Firma Innenausbau Hoppen, zurück. Um „Hallo“ und „Tschüss“ zu sagen, er wird jetzt als Geselle in Nürnberg hemisch. Sein ehemaliger Chef, Ralf Hoppen, ist stolz auf ihn: „Er hat sich sehr verändert, ist selbstbewusster geworden.“

Robert Königs weiß, woher das kommt. Es ist irgendwie auch das, was er neben beruflichen Kenntnissen auf seiner Reise gesucht hat: „Man muss sich jeden Tag aufs Neue beweisen.“

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort