Mönchengladbach Eingreifen oder nicht?

Mönchengladbach · Nach der Prügelattacke am Mönchengladbacher Hauptbahnhof fragen sich viele, was sie getan hätten, wenn sie Zeugen des Vorfalls geworden wären. Kriminalhauptkommissar Willi Schinken gibt Tipps für den Ernstfall und sagt, wie man sich schützen kann.

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Foto: Raupold, Isabella

Es geschah am helllichten Tag im belebten Mönchengladbacher Hauptbahnhof: Die Teenager schlugen unvermittelt zu. Die Opfer, zwei Frauen, wurden übel zugerichtet. Hatte es keiner gesehen? Wollte niemand einschreiten? Brauchen wir mehr Zivilcourage? Was würde ich tun, wenn ich in eine solche Situation geriete? Diese Fragen stellen sich zurzeit viele. Kriminalhauptkommissar Willi Schinken, Sachbearbeiter Kriminalprävention, sagt, wie man sich im Notfall verhalten soll. Unter der Überschrift "Tu was" nennt die Polizei sechs Regeln für den Ernstfall.

1. Ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen. Jeder sollte helfen, doch Heldentum ist nicht immer angebracht. "Wenn jemand einen anderen Menschen in Gefahr sieht oder eine Straftat beobachtet, sollte er sich fragen, was er zusammen mit Passanten ausrichten kann", sagt Willi Schinken. "Wer glaubt, dass ein persönliches Einschreiten zu gefährlich ist, sollte aber auf jeden Fall die 110 wählen." Auch rät die Polizei, den oder die Täter nicht zu duzen, sonst könnten Passanten einen rein persönlichen Konflikt vermuten.

2. Ich fordere andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf. Gemeinsames Einschreiten ist wirksamer als Aktionen von Einzelpersonen. Man sollte aber allgemeine Aufrufe wie "Kann mir jemand mal helfen?" vermeiden, da spürt sich oft niemand angesprochen. Sagen Sie lieber: "Sie im roten Pullover, helfen Sie mir."

3. Ich beobachte genau und präge mir Täter-Merkmale ein. Laut Schinken ist das für die spätere Beweisaufnahme wichtig, dennoch ein hehres Ziel. "Nicht jeder kann das gleich gut in solchen Stresssituationen."

4. Ich organisiere Hilfe unter Notruf 110. Schinken: "Lieber einmal zu viel die Polizei anrufen als einmal zu wenig. Wenn wertvolle Zeit verloren geht, ist das für keinen dienlich."

5. Ich kümmere mich um die Opfer. "Dazu muss man nichts sagen. Das sollte selbstverständlich sein", sagt Kriminalhauptkommissar Willi Schinken.

6. Ich stelle mich als Zeuge zur Verfügung. Auch das sollte eigentlich selbstverständlich sein. "Ist es aber oft nicht", weiß Schinken. Manche kennen die Situation vor Gericht oder bei polizeilichen Vernehmungen nicht und sind unsicher oder haben Angst, anderen ist es einfach lästig.

Nicht nur bei Straftaten auf offener Straße könne man Zivilcourage zeigen, meint Schinken. "Es gibt auch andere Bereiche, wo ein Einschreiten gefragt ist: Wenn man zum Beispiel mitbekommt, dass in der Nachbarwohnung jemand geschlagen wird, oder wenn im Bekanntenkreis der Partner über die Maßen niedergemacht wird." Beispiele gebe es viele. Oft funktioniere Zivilcourage auch, nur ist das oft nicht bekannt.

Wie schütze ich mich vor Übergriffen? "Wer sich in einer Gruppe bewegt, läuft seltener Gefahr, angegriffen oder belästigt zu werden, sagt Schinken. Von Abwehrwaffen hält die Polizei nicht viel. Für richtiges Pfefferspray brauche man einen Waffenschein. Der Einsatz des gängigen Tierabwehrsprays sei ebenfalls heikel. Wer plötzlich in Gefahr gerate, müsse das Spray nicht nur blitzschnell aus der Tasche ziehen, sondern auch die Düse in die richtige Richtung halten. "Nicht selten gefährdet man sich dabei selbst", sagt Schinken. Ungefährlicher seien so genannte Schrill- oder Taschenalarme. Das sind kleine Geräte, die einen durchdringenden Laut erzeugen. "Damit kann man jemanden zumindest erschrecken und andere auf seine Notfallsituation aufmerksam machen", erklärt der Kriminalhauptkommissar.

(RP/url/csr/ila)
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