Mönchengladbach Einfach mal die Perspektive wechseln

Mönchengladbach · Bei einem interkulturellen Workshop kommen Studierende und Flüchtlinge, ehrenamtliche Helfer, Christen und Muslime miteinander ins Gespräch.

 Die interkulturelle Veranstaltung im Bildungsverein Irfan.

Die interkulturelle Veranstaltung im Bildungsverein Irfan.

Foto: Wasserloos-Strunk

Schon das Programm sieht bunt aus: die Logos der Philippus-Akademie und des Bildungs- und Kulturvereins Irfan, der Arbeitsstelle für interkulturelle Bildung und Integration, der Hochschule Niederrhein, des NRW-Integrationsministeriums und der Polizei bilden einen vielfarbigen Rahmen. Der zeigt aber nur, wie viele Institutionen beteiligt sind. Wirklich und im besten Sinne bunt wird der interkulturelle Workshop durch die Menschen, die vielen engagierten und diskussionsfreudigen Teilnehmer. Einen Nachmittag lang sprechen die rund hundert Teilnehmer transkulturell und interreligiös über das Thema Flucht und Migration.

Die Studierenden des Studiengangs Soziale Arbeit der Hochschule Niederrhein mit ihrer Professorin Sabine Krönchen stellen ein starkes Kontingent. Dazu kommen Mitglieder des muslimischen Bildungsvereins Irfan, in dessen Räumen das Treffen stattfindet, Flüchtlinge und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer. Es gibt Themen, die bewegten vor allem die deutschen Teilnehmer. Beispielsweise die Frage des Gefälles zwischen den Helfenden und denen, denen geholfen wird. "Das diskutierten die Studierenden sehr intensiv", erklärt Martina Wasserloos-Strunk, Leiterin der evangelischen Philippus-Akademie. Andere Erfahrungen haben alle gemacht, Deutsche, Migranten und Flüchtlinge - die Bedeutung, die der Pünktlichkeit in Deutschland beigemessen wird zum Beispiel, ist immer für einen Lacher gut, enthält aber trotzdem etlichen Konfliktstoff. Schließlich wird Pünktlichkeit auch als Wertschätzung empfunden. Und an dieser Stelle wird der Perspektivwechsel wichtig - er ermöglicht es, die Situation einmal aus der Perspektive des Anderen wahrzunehmen. Versteht der Flüchtling, dass der Helfer sauer ist, wenn er eine halbe Stunde warten musste? Versteht der Helfer, dass es in anderen Kulturen andere Vorstellungen von Pünktlichkeit gibt? Perspektivwechsel wird ein wichtiges Werkzeug im interkulturellen Umgang ausgemacht. Man kann es auch Empathie nennen. So berichtet ein junger Mann aus Syrien, der in Rekordzeit Deutsch gelernt hat und heute das Gymnasium besucht, davon, dass er die Pausen eigentlich immer allein verbringt. Keiner seiner Mitschüler nimmt Kontakt auf. Einmal die Perspektive des jungen Fremden einzunehmen wäre für die deutschen Mitschüler wahrscheinlich hilfreich.

Eingehend diskutiert wird auch die Frage der "Macht der Ohnmacht" - was bewirkt eigentlich die Tatsache, dass man sich ohnmächtig fühlt und sich deshalb vielleicht nicht einbringt? Der gemeinsam verbrachte Nachmittag zeigt, wie wichtig der interkulturelle und interreligiöse Austausch ist und bleibt. Probleme gibt es immer, aber man kann sie lösen, wenn man miteinander redet. Und dazu lernt. "Wir haben den Nachmittag so intensiv vorbereitet", sagt Martina Wasserloos-Strunk, "aber wir haben doch tatsächlich vergessen, Dolmetscher für den Einführungsvortrag vorzusehen. Das wurde dann spontan gelöst, aber nächstes Mal machen wir es besser."

(RP)
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