Mensch Gladbach Einfach machen!

Mönchengladbach · Radfahren auf der Blauen Route, Müll entsorgen in der Rolltonne, Gastronomen Blumenkübel aufstellen lassen - man sollte weniger lamentieren, sondern einfach mal handeln.

Gravierende Umwälzungen beginnen manchmal ganz unscheinbar, aus leise wiegendem Gewässer, das viele ignorieren, wird erst eine kleine, dann eine immer größere Welle. Irgendwann ist alles anders. Und man fragt sich, wie es eigentlich früher war. Jedenfalls fehlt einem doch nichts, obwohl man das so sehr befürchtet hatte. Erinnern Sie sich? Es gab tatsächlich Zeiten, da wurde überall geraucht: In TV-Talkshows, im Flugzeug, bei Ratssitzungen, im Restaurant sowieso. Heute unvorstellbar. Wir haben uns fast alle daran gewöhnt, dass man das drinnen nicht mehr macht.

Wir leben nun doch schon einige Monate in dieser wunderbaren Stadt. Doch was wir aus unserem vorherigen Wohnort, Düsseldorf, in all der Zeit noch nicht in unser neues Leben übertragen hatten, war das regelmäßige Radfahren. Nicht nur zum Spaß am Wochenende. Im Alltag, morgens zur Arbeit, abends nach Hause. Das hatten wir über Jahre hinweg, auch bei Regen und im Winter gemacht. In Mönchengladbach gibt es aber nicht die Parkplatznot und die Staus wie in Düsseldorf, es war also allzu reizvoll, das Rad für das Auto stehen zu lassen.

Deshalb haben wir mit einer distanzierten Faszination die leidenschaftlichen Debatten um die erste Fahrradstraße der Stadt, die Blaue Route zwischen Rheydter und Gladbacher Innenstadt, verfolgt. Muss schlimm sein, dachten wir. Und wagten sicherheitshalber erst mal an einem Samstagnachmittag ohne Zeitdruck die erste Fahrt über die umstrittene Piste. Und waren begeistert! Freie, sichere Fahrt in schöner Umgebung. In verblüffend kurzer Zeit hatten wir die Strecke hinter uns. Zwei Autos ließen wir vorbei, indem wir langsamer die nächste Parklücke passierten. Die Autofahrer waren zufrieden, wir waren es auch. Kein Streit, kein Krieg, kein Hupen. Der Werktagstest - nicht anders. Vielleicht hatten wir nur Glück. Aber ganz ehrlich: In Düsseldorf hätte man von einer so schönen Fahrradstraße geträumt. Wir empfehlen: Einfach mal machen!

Ebenso emotional wird über den anstehenden Wechsel von Ring- zu Rolltonnen debattiert. Wobei man nie vergessen darf, dass die schweigende Mehrheit ja nicht zu hören - aber offenbar zufrieden ist. Also, die Tonnen. Wir haben uns sehr über das System mit den kleinen Dingern gewundert, denn das haben wir in keiner der Großstädte, in denen wir in dichter Bebauung und als Mieter in Mehrfamilienhäusern gewohnt haben, erlebt. Überall gibt es Rolltonnen. Inzwischen verstehen wir, dass die kleinen Tonnen für den Einzelnen gewisse Vorteile haben. Aber wir ärgern uns auch über den wilden Müll, den Mönchengladbach in überdurchschnittlichem Ausmaß hat, verstehen, dass Müllmänner nicht so viel selbst heben sollen und es sogar möglich ist, in bestimmten Kombinationen für den Restmüll weniger Gebühren zu zahlen als bisher. Und wenn wir uns erst mal alle an das neue System gewöhnt haben, werden auch die kleinen Tonnen vergessen sein.

Wir können nicht ins Wochenende gehen, ohne über die Blumenkübel zu sprechen. Die dürfen der Pächter des Ratskellers in Rheydt oder Einzelhändler in Gladbach immer noch nicht im Außenbereich aufstellen. Warum Blumen samt Kübeln so stören, dass sich Stadtverwaltung und politische Mehrheit seit Monaten dermaßen stur zeigen, hat sich uns immer noch nicht erschlossen. Wir empfehlen dem Rathaus: Einfach mal machen! Etwas mediterran-rheinische Lockerheit in die Behörden einziehen lassen. Das ist dem Bürger näher. In ein paar Wochen wird der antiflorale Ärger vergessen sein - und Mönchengladbach blüht auf.

(RP)
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