Mönchengladbach Eine unterirdische Olivenbaumallee

Mönchengladbach · Vier sehr unterschiedliche Künstler zeigen Mallorca, wie sie es sehen - gemalt, gedruckt, geformt, fotografiert. Ab Sonntag wird die Präsentation im Kunstbunker unter dem Nordpark gezeigt. Der Baum spielt eine Hauptrolle.

 Rainer Roischen (li.) und Edgar Janzen im Umgang des Kunstbunkers.

Rainer Roischen (li.) und Edgar Janzen im Umgang des Kunstbunkers.

Foto: Detlef Ilgner

Im Frühling sieht der Feigenbaum aus wie ein wuselig um sich wedelndes Wesen. Der Olivenbaum ist das ganze Jahr über zauselig. Und im milden Klima Mallorcas können die Bäume gigantische Ausmaße annehmen. Die Stämme winden und verdrehen sich, die Krone wächst über sich selbst hinaus. Große Teile der Balearen-Insel sind geprägt von diesen charaktervollen Bäumen. Und der Kunstbunker im Nordpark auch. Auf jeden Fall bis zum 12. Oktober. Bis dahin ist die Ausstellung "Mallorca: Die Möglichkeit einer Insel" in dem unterirdischen ehemaligen Wasserreservoir an der Heinz-Nixdorf-Straße 12 zu sehen. Vier Künstler zeigen Mallorca - so wie sie es sehen. Und dabei spielen Bäume eine entscheidende Rolle.

Wer den Kunstbunker kennt, weiß, dass er aus zwei Räumen besteht - aus dem Umgang und der inneren Rotunde. Das macht ihn als Ausstellungsraum so schwierig - aber auch so besonders reizvoll. In diesem Fall wird der äußere Ring zur geschwungenen Olivenbaumallee, die sich am Ende mit einer Palme verabschiedet. Im mittigen Kreisrund mit der blauen Wand und dem roten Boden sind allein Arbeiten des populären mallorquinischen Künstlers Andreu Maimó zu sehen.

Rundum auf einer Maschine des 18. Jahrhunderts gefertigte Steindrucke mit Variationen des Feigenbaums. Und in der Mitte auf dem Sockel - klar, ebendieser aus Metall. Die Äste wie Spinnenbeine, aus einzelnen Röhrchen zusammengesetzt, aufgezogen auf dünnem Draht. Die Schwarz-Weiß-Arbeiten gewähren geradezu intime Einblicke in die filigran verästelten Baumkronen. Einzelne Fragmente scheinen zu menschlichen Figuren zu werden, Linien geraten in Bewegung, Augen schauen heraus aus dem Geflecht, hinein zieht es den Betrachter - und er ist hin und weg.

Axel Kelsch, früher weltweit gefragter Chirurg, hat immer gemalt. Seitdem er in Rente ist, hat er sich ganz der Kunst verschrieben und malt - auf Mallorca. Und wie! Mit ungeheurer Energie, mit fast schon unanständig mutigen Farben, mit unbändiger Lust an Form und Bewegung ignoriert er alle einengenden Regeln und lässt die Farben nur so knallen und tröpfeln und kleckern und klotzen. Und aus dem ganzen Durcheinander - was sehen wir? Bäume. Hier eine Palme, da ein Olivenbaum. Abstrakt zwar, aber lebendig. Da, bitteschön.

Der Mönchengladbacher Künstler Ingo Wegerl ist oft und gern auf der Insel. Unter riesigen Himmeln steht sein monumentaler Olivenbaum. In mehreren Variationen zeigt er ihn - in wechselndem Licht, verhuscht hier, sehr konkret-haptisch dort. Morbide wirkt das eine, edel-elegant das andere. Echte Wegerl das, unverwechselbar.

Und dann - die fabelhaften Fotografien von Ulrich Staege! Fast unwirklich ist diese Szene: Ein Holztisch, fünf Stühle, eine Terrasse, umfasst von einer Steinmauer. Auf den Stühlen - niemand. Auf dem Tisch - ein Steinkreis, sonst nichts. Und aus dem Dunkel trifft das Licht von links auf die Leere. Dächer und Türmchen, Dorf auf einer Anhöhe, flirrendes Licht unter zartblauem Himmel, knorriger Olivenbaum vor einer Betonmauer. So ist Mallorca - so oder so ähnlich.

(RP)
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