Mönchengladbach Eine Putzkolonne auf Partytour

Mönchengladbach · Männer ärgern, Schlager singen, Spaß haben: So feierte eine bunt gekleidete Putzfrauentruppe gestern in Giesenkirchen Altweiber. Am liebsten hätten die Frauen mit den Möhnen das Rathaus am Konstantinplatz gestürmt. Doch auch das Alternativprogramm hatte es in sich. Wir haben die Damen bei ihrer Kneipentour begleitet.

Die Möhnen erobern das Rathaus in Giesenkirchen, Teil 1
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Die Möhnen erobern das Rathaus in Giesenkirchen, Teil 1

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Der Polizist hat keine Chance. Rechts und links packen sie ihn, und schon wirbelt ein knallroter Staubwedel über seine Uniform. Um ihn herum kichert es, "was für ein schickes grünes Kostüm!" Noch ein schnelles Foto, dann ist der Spuk vorbei. Zumindest für die nächsten paar Minuten.

Die Frauen sind los an diesem Tag. Genauer gesagt: die Putzfrauen. "Wir wollten nicht schick aussehen, sondern so richtig schnodderig", sagt Rita Salger, die sich in eine hellblaue Kittelschürze geworfen hat, an der neben Wischtüchern auch eine Klobürste baumelt. "Wir putzen fast alles" steht auf dem Jutebeutel, den sie umgehängt hat. Am liebsten das Rathaus. "Da müssen wir rein", sagt Salger und droht mit der Klobürste: "Und damit attackieren wir sie!"

Ganz ohne Putzkittel und Staubwedel treffen sich die sieben Frauen aus Mönchengladbach und Umgebung einmal pro Woche zum Frühstück. Ihr Altweiber-Ausflug sollte sie eigentlich nach Köln führen — und endete auf dem Giesenkirchener Konstantinplatz. Die Züge nach Köln seien ihnen dann doch zu voll gewesen. Und wahrscheinlich auch viel zu schmutzig.

Auf dem zugigen Platz vor dem Rathaus haben die Frauen ihre nächsten Opfer entdeckt. Zwei junge Männer in engen Ganzkörperanzügen stehen etwas verloren am Getränkestand. "Ihr friert wohl — zieht euch lieber mal was an!", rufen die Putzteufel.

"Schlimmer als ein Sack Flöhe sind die", brummelt ein älterer Herr und kann froh sein, dass die Damen gerade mit etwas ganz Anderem beschäftigt sind. Rita Salger schenkt eine grüne Flüssigkeit in kleine Becher, die verdächtig nach giftigem Putzmittel aussieht. "Ist aber nur Waldmeisterlikör", sagt Christel Saenger und rückt ihr Kopftuch zurecht. "Spüli!" prosten sich die Frauen zu. Dann verschwinden sie im Gedränge.

Während sich die Möhnen eine Stunde später noch abmühen, das Rathaus zu erstürmen, haben die Putzfrauen einige hundert Meter weiter in der Kneipe "Kreuels" einen Tisch besetzt. Die Kopftücher sitzen etwas schiefer, die warmen Stulpen sind verschwunden.

"Wir durften nicht ins Rathaus, also feiern wir jetzt hier", sagt Christiane Elsbrock, während ihre Freundinnen die Männer zum Tanz auffordern. Christiane Elsbrock ist erst vor einem Jahr nach Mönchengladbach gezogen und hat schon seit Jahrzehnten nicht mehr Karneval gefeiert. Die Frauen haben sie überredet. "Ohne uns hätteste also nix", sagt Rita Salger und hakt sich lachend unter. Die Damen sind erstaunlich textfest. Von den gefühlten 500 Karnevalsschlagern singen sie mindestens 490 fehlerfrei mit.

Immer mehr durchgefrorene Jecken kommen in die Kneipe, die Tische füllen sich. Doch die beste Stimmung ist am Putzfrauentisch. Aus dem Lautsprecher donnert "Superjeilezick" von Höhner, die Damen tanzen eingehenkelt Sirtaki. Susi Hellebrandt hebt das Glas auf ihre Mutter Juliane, mit der sie jedes Jahr Karneval feiert. "Sie hat Namenstag und gibt 'ne Runde aus." Die Frauen jubeln. "Spüli!"

Stunden später torkeln die ersten Jecken an der Kneipe vorbei. Zwei Mädchen im Marienkäferkostüm schleifen einen betrunkenen Halbstarken, der kaum noch laufen kann, über den Fußweg. Die Putzfrauen tanzen immer noch — und keine von ihnen wankt. "Dieses Abfüllen brauchen wir nicht", sagt Rita Salger und grinst: "Wir sind schon von Natur aus ein bisschen bekloppt."

(RP/rl/ila)
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