Mönchengladbach Eine Polit-Ära geht zu Ende

Mönchengladbach · Nach Lothar Beine (SPD) und Dr. Anno Jansen-Winkeln (FDP) hat nun auch Rolf Besten (CDU) erklärt, nicht mehr für den nächsten Rat zu kandidieren. Auch Bürgermeister Klaus Schäfer (SPD) macht nicht mehr weiter. Der Umbruch wird gewaltig sein.

 Beenden ihr politisches Engagement (v.l.): Lothar Beine (Fraktionsvorsitzender der SPD), Dr. Anno Jansen-Winkeln (Fraktionsvorsitzender der FDP) und Rolf Besten (früherer Fraktionsvorsitzender der CDU).

Beenden ihr politisches Engagement (v.l.): Lothar Beine (Fraktionsvorsitzender der SPD), Dr. Anno Jansen-Winkeln (Fraktionsvorsitzender der FDP) und Rolf Besten (früherer Fraktionsvorsitzender der CDU).

Foto: Detlef Ilgner

Die ganz großen Reden waren seine Sache noch nie. Entsprechend lakonisch und kurz hat Rolf Besten (62) nun seinen Parteifreunden mitgeteilt: "Ich habe immer gesagt, dass ich nicht im Rathaus sterben will." Heißt übersetzt: Besten, der langjährige Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten, wird bei der Kommunalwahl 2014 nicht noch einmal antreten. Damit werden gleich vier Fraktionsvorsitzende, die bis 2009 die Mönchengladbacher Politik entscheidend mitgestaltet haben, fünf Jahre später von der Politbühne abtreten. Erich Oberem (FWG) hat sein Ratsmandat bereits zurückgegeben. Mit Lothar Beine (SPD), Dr. Anno Jansen-Winkeln (FDP) und eben Rolf Besten haben nun drei weitere prägende Figuren ihr Ausscheiden angekündigt — aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Mönchengladbach: Eine Polit-Ära geht zu Ende
Foto: Ilgner, Detlef

Besten hat den unfreiwilligen Schritt von der ersten Reihe auf die Hinterbank erstaunlich geräuschlos geschafft. Schon vor der Kommunalwahl 2009 hatte die Junge Union versucht, Besten zu stürzen. Der machte seinen größten Fehler indes nach der für die CDU verlorenen Wahl: Weil er zu spät erklärte, ob er noch einmal Fraktionsvorsitzender werden wolle und sich niemand in das Machtvakuum traute, verbockte die CDU die Koalitionsverhandlungen, die in einer großen Koalition hätten münden können.

Mönchengladbach: Eine Polit-Ära geht zu Ende
Foto: Ilgner, Detlef

Besten, der den meisten in seiner Fraktion stets zwei Schachzüge voraus war, hält zwar nach wie vor vieles an der strategischen Neuausrichtung seiner Partei für falsch. Klagen tut er darüber aber weder laut noch leise. So schafft er einen Abgang in Ehren. Für die Stadt wichtige Entscheidungen wie den Bau des Nordparks, die Gründung städtischer Tochtergesellschaften und den Bau eines Einkaufszentrums in der Gladbacher Innenstadt hat er maßgeblich angebahnt.

Dass der SPD-Fraktionsvorsitzende Lothar Beine (63) nicht noch einmal fünf Jahre im Rat verbringen wollte, ist keine Überraschung — dass er es allerdings im RP-Interview schon so früh ankündigte, schon. Beine, viele Jahre Oppositionsführer gegen eine scheinbar unüberwindbare schwarze Phalanx, fand sich im Herbst 2009 zu seinem eigenen Erstaunen in der Rolle des einflussreichsten Kommunalpolitikers Mönchengladbachs wieder. Doch der Preis für die unerwartete Macht entpuppte sich als extrem hoch. Denn mit FDP und Grünen muss Beine seither mit zwei Partnern nach Gemeinsamkeiten suchen, die jeder für sich schon extrem schwierig sind — zusammen aber nahezu unmöglich auszutarieren sind. Beine erledigt diese Herkulesaufgabe — für die es mehr sozialpädagogische denn politisch-strategische Fertigkeiten braucht — seither pragmatisch, zielorientiert, bienenfleißig und mit dem nötigen Langmut. Das nötigt auch dem politischen Gegner bei allem berechtigten Klagen über den dürftigen Erfolg des Bündnisses Respekt ab. Dass dieser Job schlaucht, ist Beine anzusehen und immer mal wieder anzumerken. Insofern wird sich sein Abschiedsschmerz beim Abgang in überschaubaren Grenzen halten.

Am rätselhaftesten ist die Entscheidung von Dr. Anno Jansen-Winkeln (48), aufzuhören. Er hat am längsten und am lustvollsten die Hebel der Macht gedrückt: erst im Bündnis mit der CDU, dann gemeinsam mit SPD und Grünen. Was ihn bei mancher inhaltlichen Volte im Einzelnen umtrieb, wussten oft weder seine politischen Freunde noch die nicht ganz so Wohlgesonnenen. Von denen gibt es eine Menge, wohl auch, weil Jansen-Winkeln, der mit Abstand der begabteste Rhetoriker der jüngeren Mönchengladbacher Politikgeschichte ist, stets sein Handeln beredt zu erklären vermag. So heftig wie er einst SPD und Grüne attackierte, traktiert er nun den früheren Partner CDU. Kaum einer seiner Ratskollegen hat sich darum nicht schon einmal mächtig über ihn aufgeregt. Darum muss es nichts heißen, wenn auf den Gängen immer wieder spekuliert wird, sein Abschied könne vielleicht nicht ganz so freiwillig, sondern von der eigenen Partei angeschoben sein.

Die FDP hat es beim Neuanfang am leichtesten. Die Partei hat mit Lutz Küpper und Nicole Finger gleich zwei noch junge, aber doch ausreichend erfahrene Fraktionsmitglieder, die den Job können. Bei der SPD ist die Lage anders. Bürgermeister Klaus Schäfer hört auf, und bei Bauexperte Horst-Peter Vennen ist längst nicht sicher, dass er noch einmal antritt. Und noch schlimmer für die Sozialdemokraten: Wundern würde es niemanden, wenn Norbert Bude nicht noch einmal als Oberbürgermeister antreten würde. Wer aufrückt, ist noch unklar. Längst nicht alle Jüngeren und Mittelalten, die sich vielleicht selbst berufen fühlen, haben den nötigen Rückhalt in der Partei. Die CDU wiederum wirkt nach wie vor nicht so, als sei sie vollends in der Opposition angekommen und habe genug kluge Köpfe, um locker auf einen solchen verzichten zu können. Die FWG ist ohne Erich Oberem eh kopf- und bauchamputiert.

Übrigens: Nur bei einer Partei bleibt alles beim Alten. Karl Sasserath und die Grünen haben beste Chancen, 2014 zu den Polit-Dinosauriern des nächsten Mönchengladbacher Rats zu werden.

(RP/ac)
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