Mönchengladbach Eine deutsch-englische Geschichte

Mönchengladbach · Clemens N. Fritze, der frühere Leiter der Hauptschule Rheindahlen, hat einen historischen Roman geschrieben. Die Schicksale der Familie Kemen aus einer Kleinstadt in der Eifel und der Familie Scoines in London verknüpfen sich.

Es ist eine bewegende Familiengeschichte, die Clemens Fritze niedergeschrieben hat. Gleichzeitig hat er einen historischen Roman vorgelegt, der das unseeligste Stück deutscher Geschichte beschreibt — die Zeitspanne von 1912 bis 1945. Die Erzählung verbindet zwei Familien — die von Nikolaus Kemen, der in der Kleinstadt Neuerburg in der Eifel aufwächst, und die von John und Henriette Scoines, die mit vier Töchtern und einem Sohn in London leben. Auf der Suche nach Arbeit zieht es Nikolaus Kemen nach Köln. Im Hotel Kaiserhof bekommt er eine Anstellung. Er nimmt Englisch-Unterricht, um sich mit den internationalen Gästen verständigen zu können. Als seine Lehrerin ihm rät, für ein halbes Jahr nach England zu gehen, um die Sprachkenntnisse zu vertiefen, fasst er all seinen Mut zusammen — und geht nach London.

Dort verdient er sein Geld als Kellner im Prince-Albert-Hotel. Und er lernt seine große Liebe kennen — die Hutmacherin May Scoines. Am 20. Juni 1914 heiraten die beiden. Nur wenige Wochen später beginnt der Erste Weltkrieg. Nikolaus Kemen wird als Feindstaatenausländer auf die Isle of Man gebracht, die Familie Scoines wegen der britisch-deutschen Verbindung geschmäht. Am 16. April 1915 bringt May ihre Tochter Florence zur Welt. Als ihr Ehemann endlich aus dem Lager entlassen wird, ist die Kleine schon vier Jahre alt. Und die Familie muss England verlassen, weil Nikolaus als Deutscher des Landes verwiesen wird.

Clemens Fritze beschreibt das Schicksal seiner Großeltern sehr innig. Große Teile sind in anschaulicher Dialogform geschrieben. Der Autor gibt die Gefühle, die Sorgen, Nöte, die Sehnsucht und die Verzweiflung der kleinen Familie wieder, aber auch das große Glück, in Köln beisammen sein zu können, das Aufwachsen der geliebten Tochter erleben zu dürfen. Die verliebt sich in den Studenten Klemens. Und dann wiederholt sich die Geschichte. Der Zweite Weltkrieg beginnt. Florence und Klemens heiraten am 6. März 1942, er muss an die Ostfront. Am 21. November 1942 wird der gemeinsame Sohn Clemens (Fritze) geboren, seinen Vater lernt der Junge nie kennen. Klemens ist bereits am 2. September 1942 etwa 200 Kilometer westlich von Moskau gefallen. Auch Nikolaus Kemen muss Kriegsdienst leisten. Er stirbt am 22. März 1945 im Bombenhagel auf dem Bergerfeld.

Zwei Jahre lang hat Klemens Fritze, Sohn von Florence und Klemens Fritze, Enkel von May und Nikolaus Kemen, an seinem Buch gearbeitet. Die handschriftliche Autobiografie der Mutter lieferte ihm die Grundlage für seine Erzählung. Außerdem jede Menge Fotoalben der Familie. Die Originalfassung hatte mehr als 600 Seiten. Er musste kürzen. "Das war das schlimmste", sagt der ehemalige Leiter der Katholischen Hauptschule Rheindahlen. Letztlich schaffte er es, den Text auf 356 Seiten zu bringen. Gern hätte er einen Fotoanhang zu seinem Text gefügt. "Aus Kostengründen ging das leider nicht." Beim Schreiben fielen ihm viele Fragen ein, die er gern seiner Mutter gestellt hätte. "Als ich jung war, dachte ich, ich hätte alle Zeit der Welt." So oder so, sein Roman "Nur ein toter Deutscher" ist ein ausgesprochen authentisches Werk, das es dem Leser erlaubt, einzutauchen in die Geschichte seiner Familie, die ihn mitleiden lässt, innehalten lässt, die ein ganz wichtiges Stück Deutschland erzählt und die persönlichen Schicksale, die ohne diese Geschichte anders verlaufen wären.

Clemens N. Fritze, "Nur ein toter Deutscher", 356 Seiten, Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag: BoD — Books on Demand, ISBN 978-3-8482-3954-2. Das Buch ist im Handel und als E-Book erhältlich.

(RP)
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