Mönchengladbach Einbahnstraße für Busse?

Mönchengladbach · Mit der umstrittenen Buslinienführung auf der Hindenburgstraße ist laut Gutachter die Zahl der Fahrgäste gesunken, und weniger von ihnen kommen zum Shoppen. Die Verwaltung will die City trotzdem attraktiver machen.

Mönchengladbach: Einbahnstraße für Busse?
Foto: Reichartz

Die Busse sollen weiter nur bergauf über die Hindenburgstraße fahren, bergab nur noch über die Steinmetzstraße. So schlägt es das Rathaus der Politik zum Beschluss vor: "Eine echte, barrierefreie Fußgängerzone mit attraktiven Aufenthaltsbereichen, in der Fußgänger ganz bewusst Vorrang vor anderen Verkehrsteilnehmern haben und unbeschwert flanieren und queren können, wurde in Mönchengladbach - anders als in den meisten anderen Städten Deutschlands - nie realisiert." Der Busverkehr reduziere die Aufenthaltsqualität, wodurch das Flair der City kaum Besucher anziehe. Überdies würden Passanten von Ankermieter zu Ankermieter mit dem Bus gefahren statt zu Fuß an den anderen Geschäften vorbei zu laufen.

Dass die Mehrheit im Rat dem zustimmt, ist keineswegs gewiss. Nachdem die Stadt die Ergebnisse der Untersuchungen vorgelegt hat, besteht praktisch überall erheblicher Beratungsbedarf. Und das liegt nicht unbedingt an den Kosten. Nach Berechnungen der Stadt müssten rund 500.000 Euro an Fördergeldern an den VRR zurückgezahlt werden. Dies betrifft den Ausbau der Bustrasse und der Hochborde. Für die Haltestellenausrüstung laufe die Zweckbindung im November dieses Jahres aus. Hinzu kommen aber Kosten für die Anpassung der Infrastruktur in Höhe von rund 600.000 Euro. Dazu gehören: Anpassung der Ampeln, Beleuchtung und Markierungen, Straßenbaumaßnahmen und der Bau von Fahrgastunterständen und Sitzplätzen für die Haltestellen. Die Mittel sind im Haushalt bereits berücksichtigt. In der anstehenden Debatte wird es aber vor allem um diese Punkte aus den Gutachten gehen. . .

Konzentration Die Menschen fahren immer noch viel mit den Bussen in die Innenstadt. Fast die Hälfte aller Fahrgäste kommt täglich oder mindestens ein- bis dreimal in der Woche mit dem Bus in die City. Das Gutachten der Planungsgesellschaft Verkehr Köln zeigt aber eine interessante Veränderung: Während noch vor vier Jahren die Zahl der Ein- und Aussteiger in den drei Bereichen Alter Markt, Stepgesstraße und Galeria Kaufhof nahezu gleich war (jeweils zwischen 5200 und 5500), hat eine Konzentration stattgefunden: Für den Bereich Stepgesstraße wurden jetzt 7500 Ein-/Aussteiger ermittelt, am Alten Markt nur noch 3614 (minus 32 Prozent) und Galeria Kaufhof nur noch 2065 (minus 62 Prozent) - es dürften kaum Zweifel daran bestehen, dass dieser Effekt zu großen Teilen auf das Minto zurückgeht. Allerdings gibt es im Falle des Kaufhof aus Platzmangel bergab gar keine Haltestelle mehr - logisch, dass dort deutlich weniger Fahrgäste ein- und aussteigen.

Veränderung Die Zahl der Busnutzer, die zu den Hauptgeschäftszeiten zwischen 10 und 18 Uhr in die City fahren, hat sich 2017 im Vergleich zu 2014 um mehr als zehn Prozent auf 12.400 reduziert. Die Gründe, warum die Menschen in die City fahren, haben sich auch verändert. Deutlich weniger Menschen als 2014 fuhren 2017 wegen des Einkaufs in die Innenstadt. 2014 waren es an Werktagen 18 Prozent der Befragten, jetzt 13 Prozent, samstags waren es 2014 52 Prozent, also die Hälfte aller Fahrgäste, jetzt nur noch 30 Prozent, also nur noch jeder dritte Fahrgast. Das Fazit der Gutachter: "Die veränderte Buslinienführung im Bereich der Hindenburgstraße scheint insofern Einfluss auf die Busnutzung zum Zweck der Einkäufe und Erledigungen zu haben." Die Frage aber ist: Wäre das angesichts des zunehmenden Online-Handels nicht auch bei gleichbleibender Busführung so gekommen? Alle Innenstädte haben schließlich Probleme - egal, wie die Busse fahren.

Abstimmung Die Stadt sprach in einer Pressemitteilung über die Gutachten von einem "heterogenen Meinungsbild". Tatsächlich ermittelten die Gutachter eine breite Ablehnung: 40 Prozent der Befragten bewerteten die neue Buslinienführung mit "mangelhaft". Ein "gut" gaben gut 13 Prozent der Befragten, 6 Prozent ein "sehr gut", der Rest befriedigend oder ausreichend. Erstaunlich ist: Nicht nur Busnutzer, sondern auch Besucher, die mit dem Auto anreisen, fanden den Busverkehr in der Hindenburgstraße 2014 besser als 2017. Unter den Busnutzern hat sich die Nennung "mangelhaft" verzehnfacht. In ihrer Zusammenfassung berichten die Gutachter von "durchweg negativen Einschätzungen". Ihr Fazit: "Sowohl die objektiven Daten aus den Befragungen als auch die subjektiven Einschätzungen der Mönchengladbacher Bürger - insbesondere der Busnutzer - münden in der Empfehlung zur Rücknahme der Linienwegveränderung und Wiederaufnahme des ursprünglichen Zustandes vor dem Testbetrieb."

Verkehr Die Ingenieurgesellschaft Stolz hat gleichzeitig die Auswirkungen des Busverkehrs auf der Steinmetzstraße auf den dortigen Verkehr untersucht. Sie hat auf der Steinmetzstraße Probleme mit der Nutzung der Busspuren durch Anlieferer und haltende Autos festgestellt. Verzögerungen des Verkehrs habe es allerdings nicht gegeben. Problematisch sei die Bushaltestelle Kapuzinerplatz, die zu Stoßzeiten zu wenig Platz biete. Außerdem sei an der Haltestelle Minto kein barrierefreier Einstieg gewährleistet.

(RP)
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