Mönchengladbach Ein Verkehrskonzept aus Puzzle-Plänen

Mönchengladbach · Die früheren "Generalverkehrspläne" sind legendär und sollten durch einen Verkehrsentwicklungsplan abgelöst werden. Den gibt's bis heute nicht. Stattdessen mehrere Teilpläne, die mal ein Ganzes bilden sollen.

 Lkw sind aus der Stadt verbannt. Radfahrer sollen Straßen erobern, für Busse gibt es ein neues Netz. Und über neue Bahnlinien wird nachgedacht.

Lkw sind aus der Stadt verbannt. Radfahrer sollen Straßen erobern, für Busse gibt es ein neues Netz. Und über neue Bahnlinien wird nachgedacht.

Foto: ilg/ikr/HvD

Herbert Hölters startete noch einen Versuch. "Es gibt immer mehr Einschränkungen für Autofahrer in der Stadt. Dagegen muss man etwas tun", sagt das FDP-Mitglied. Der Liberale, früher Leiter der Gladbacher Niederlassung des NRW-Straßenbauamtes, wollte deshalb seine politischen Kollegen in der jüngsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses überzeugen, die 2. Stufe des Lärmaktionsplans noch zu stoppen. Vergeblich. "Ich habe das Gefühl, dass die SPD in der Großen Koalition den Ton angibt, wenn's um Verkehrsentwicklung geht. Und die wollen viel für Radfahrer, Busse und Fußgänger tun, aber nichts mehr für Autofahrer", schimpft Hölters.

Seine jüngste Kritik am Lärmaktionsplan entzündete sich daran, dass der neue Entwurf in das städtische Verkehrsnetz so massiv eingreift und sogar ein "Vorbehaltnetz" definiert - und damit nach Hölters Meinung festlegt, wo die Hauptverkehrsstraßen sind. "Aber das kann doch nur der Verkehrsentwicklungsplan", sagt Hölters.

Das stimmt. Nur: Seit Jahren wird ein Verkehrsentwicklungsplan für die Stadt versprochen. Als der Einstieg in seine konkrete Planung 2008 verkündet wurde, bildeten CDU und FDP eine Ratsmehrheit. Schwarz-Gelb konnte sich nicht auf einen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) einigen. Auch das Ampel-Bündnis von SPD, Grünen und FDP scheiterte. Beiden Mehrheiten lag ein Entwurf vor, erarbeitet von Experten des BSV Büro für Stadt und Verkehrsplanung aus Aachen. Sie hatten ihn lange vorher entwickelt, sind dafür fast jeden Kilometer in der Stadt abgefahren und abgelaufen. Und sie hatten vor mehr als sieben Jahren dem Straßennetz, das Autofahrer nutzen konnten, eine Bestnote gegeben. Wer ein anderes Verkehrsmittel nutzte, musste sich mit mittelprächtigen bis schlechten Bedingungen zufrieden geben.

Die Situation hat sich geändert. Zumindest etwas. Und das liegt daran, dass es diverse Einzelpläne für ein bestimmtes Problem oder für ein Verkehrsmittel gibt, und diese Teilpläne separat vom Gesamtkonzept erarbeitet werden. Die Tendenz ist klar: Diese Einzelpläne können den neuen Verkehrsentwicklungsplan bilden. "Mit den Teilplänen sind wir wesentlich flexibler als mit einem starren Gesamtplan", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Felix Heinrichs. Vorbei sind die Zeiten, als dem "Verkehrsentwicklungsplan" ein "General" vorgeschaltet war, weil das Wortungetüm "Generalverkehrsplan" als Leitlinie für die Verkehrssituation eines Gemeinwesens galt.

Es gibt einen Lkw-Routenplan mit Vorgaben, wo Lastwagen auf zentralen Achsen durch die Stadt fahren dürfen. Seine Realisierung wird zum finanziellen Kraftakt für die Stadt: Da es zahlreiche, zum Teil große innerörtliche Gewerbebetriebe gibt, wird Gladbach in den nächsten Jahren Millionen Euro in Flüsterasphalt investieren müssen. Der Lärmaktionsplan, derzeit in der 2. Planungsstufe, legt außerdem fest, wo in der Stadt nur noch Tempo 30 und 40 gefahren werden darf - teilweise auf Routen wie Bahnstraße und Blumenberger Straße, über die immer viele Autos rollten, weil diese Trasse zur A 61 führt. Die 2. Stufe gibt noch mehr Tempozonen vor - zum Unwillen des FDP-Verkehrsexperten Herbert Hölters.

Die Vorstudie eines Kasseler Büros ist Grundlage für ein neues Bus-Linienkonzept, das bis Ende März fertig sein soll und bis Mitte 2017 beschlossen sein muss. Und im Dezember hat der Rat den Masterplan Nahmobilität auf den Weg gebracht: Er soll zum gesamtstädtischen Konzept zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs führen. Renommierte Experten arbeiten daran, auch lokale Fachleute wie der Initiator des Projekts "200 Tage Fahrradstadt", Norbert Krause, sind eingebunden. "Und eigentlich brauchen wir für die ganze Stadt noch ein Parkkonzept, das sich nicht nur auf Parkhäuser beschränkt. Auch Elektromobilität wird uns weiter beschäftigen und muss schnell und zeitnah eingearbeitet werden", sagt SPD-Politiker Felix Heinrichs.

Vom VEP spricht allerdings kaum noch jemand.

(RP)
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