Mönchengladbach Ein Stück über Moral und die Fähigkeit der Verdrehung

Mönchengladbach · Friedrich Dürrenmatts Schauspiel "Der Besuch der alten Dame" wird am Samstag, 1. Februar, zum ersten Mal auf der großen Bühne des Theaters Mönchengladbach aufgeführt. Dazu gab es im Vorfeld eine Frühstücks-Matinee, bei der Interessierte sich über das Konzept der Inszenierung informieren konnten.

 Christoph Roos inszeniert Friedrich Dürrenmatts Parabel "Der Besuch der alten Dame" am Theater Mönchengladbach.

Christoph Roos inszeniert Friedrich Dürrenmatts Parabel "Der Besuch der alten Dame" am Theater Mönchengladbach.

Foto: Matthias Stutte

Manche Gäste mochten sich gewundert haben, als zu Beginn mit einem Zeitungsartikel der Süddeutschen Zeitung eingeleitet wurde. Der Bericht über Kleidungsherstellung in Bangladesch eignet sich aber durchaus gut als Einstieg in die Problematik des Stücks von Dürrenmatt. Denn sowohl im Zeitungsartikel als auch beim "Besuch der alten Dame" geht es um Moral und eine zentrale Frage: Wie viel ist ein Mensch wert?

Barbara Kastner, Dramaturgin der Produktion, informierte über den Inhalt. "Am Anfang wartet das ganze Dorf am Bahnhof in Güllen auf die Ankunft von Claire Zachanassian, die als junges Mädchen das Dorf wegen einer Vaterschaftsklage verließ. Als reiche Dame kehrt sie einige Jahre später zurück."

Doch Claire kommt nicht aus Liebe zur Heimat wieder nach Güllen, sondern mit einem leeren Sarg im Gepäck — um Gerechtigkeit zu fordern. Das Dorf, das inzwischen in finanzielle Not geraten ist, bittet um die Hilfe der auswärts reich gewordenen Frau. Diese gewährt die alte Dame auch. Sie stellt aber eine Bedingung: Ihr ehemaliger Liebhaber Albert Ill, der ihr ein Kind angehängt und dann seine Vaterschaft verleugnet hatte, soll sterben. Zunächst wird das Angebot entrüstet abgelehnt, doch im Verlauf der Handlung entsteht eine "radikale Gegenhaltung" (Kastner).

Die Inszenierung übernimmt Christoph Roos. "Das Stück soll vor allem verdeutlichen, dass Menschen imstande sind, moralisch alles wieder geradezubiegen. Das ist wohl angeboren, denn der Mensch neigt dazu, mit Argumenten alles korrekt erscheinen zu lassen", sagte Roos. Auch das gewählte Bühnenbild stehe im Einklang mit dem Stück. Am Anfang ist die Bühne eine reine Müllkippe. Mit fortlaufendem Geschehen wird die Szene dann immer leerer und das Dorf immer blühender — ein Gegensatz, der am Ende aufgelöst wird. "An einem Ort, der idyllisch und gespenstisch zugleich ist, treffen die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander. Die geheuchelte Moral wird ständig präsent sein", verspricht Roos. Das gesellschaftskritische Stück, das 1956 in Zürich uraufgeführt wurde und seither international Ansehen und Erfolg erlangte, ist zu einem echten Klassiker geworden. Auch im Schulunterricht.

Premiere am Samstag, 1. Februar, 20 Uhr, Theater Mönchengladbach. Karten: Telefon 02166 6151-100

(kafu)
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