Mönchengladbach Ein Rhythmus, der Leben rettet

Mönchengladbach · Rufen, prüfen, drücken - so einfach ist Reanimation. Die Rettungssanitäter der Feuerwehr zeigten Gladbachern gestern am Alten Markt, wie sie Verunglückte wieder zurück ins Leben holen. Dabei hilft zum Beispiel ein Hit der Bee Gees.

 Roswitha Brühl übt die Herzmassage an einer Puppe unter der Anleitung von Rettungssanitäter Wolfgang Dreßen. Seine Kollegen Marcel Bohnen und Marco Diederichs (hinten) schauen zu.

Roswitha Brühl übt die Herzmassage an einer Puppe unter der Anleitung von Rettungssanitäter Wolfgang Dreßen. Seine Kollegen Marcel Bohnen und Marco Diederichs (hinten) schauen zu.

Foto: Isabella Raupold

Die junge Frau kniet auf dem Boden neben der Puppe. "Kennst du den Song von den Bee Gees ,Stayin Alive'?", fragt Marco Diederichs, und Jaqueline Koenen schüttelt den Kopf. "Das ist der Rhythmus, in dem man auf den Brustkorb des Patienten drückt", erklärt Diederichs von der Feuerwehr weiter. Schritt für Schritt führt er sie durch die Wiederbelebung. Am Ende ist Jaqueline Koenen überrascht. "Ich habe es in der Schule anders gelernt. Jetzt bin ich wieder sicherer", sagt sie. So geht es vielen, die an diesem Tag das Informationszelt der Berufsfeuerwehr am Alten Markt besuchen.

Der Erste-Hilfe-Kurs ist Jahre her, meist mit dem Führerschein absolviert und dann vergessen. "Das führt zur Unsicherheit. Aber auch die Tatsache, dass viele glauben, sie würden etwas falsch machen hält viele ab zu helfen", erzählt Marcel Bohnen von der Feuerwehr. "Das ist Quatsch! Man kann nichts falsch machen. Das einzige, was man falsch machen kann, ist nichts zu tun. Auch kann niemand den Ersthelfer verklagen. Nur Unterlassene Hilfeleistung ist strafbar", betont Diederichs. Damit fassen die Rettungssanitäter die beiden häufigsten Hemmschwellen zusammen.

Dabei ist die Reanimation in drei Schritten zu bewältigen. Wie das geht, verdeutlichen Plakate, die an der Zeltwand neben den Puppen hängen. Rufen, Prüfen, drücken, lautet die Lebensrettende Formel. "Das bedeutet zuerst den Notruf wählen, dann prüfen ob der Patient noch atmet. Falls nicht, mit den Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen", erklärt Marcel Bohnen. Bei der Reanimation geht es darum, die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungskräfte zu überbrücken. Dies sind im Stadtgebiet in der Regel acht Minuten. Je früher man mit der Reanimation beginnt, desto besser. Es verdoppelt bis verdreifacht die Überlebenschancen. Außerhalb Europas wird vier Mal häufiger reanimiert, als innerhalb. "In Holland ist es zum Beispiel so, dass die Rettungskräfte nicht mehr eingreifen, wenn sie zu einem Einsatzort kommen und es hat noch kein Ersthelfer mit der Reanimation begonnen. Klingt etwas martialisch aber das führt vielleicht dazu, dass mehr Menschen sich verpflichtet fühlen zu helfen als hier", erzählt Marcel Bohnen. Von einer generellen Verpflichtung einen Erste Hilfe Kurs regelmäßig zu besuchen, halten die beiden Rettungssanitäter allerdings nichts. "Man muss die Leute langsam heranführen. Es muss auf freiwilliger Basis passieren. Und es sollte möglichst nichts kosten. Da nutzt nur gezielte Information und Öffentlichkeitsarbeit. Wir möchten mit dieser Aktion auch einfach die Scheu nehmen, die Hemmschwelle senken", sagt Marcel Bohnen.

Auch für Rettungssanitäterin Melanie Lappessen war die erste Reanimation eine Außergewöhnliche Situation. "Es wird einem bewusst, das ist jetzt ein echter Mensch. Aber dann konzentriert man sich auf seine Arbeit und macht einfach", erzählt sie.

Mittlerweile bleiben einige Neugierige vor dem Zelt stehen und schauen hinein. Das Zelt füllt sich. Betti Engels und ihre Freundin werden von Marco Diederichs in Empfang genommen. Er führt sie zu den Puppen und kniet sich daneben. Er beginnt die ersten Schritte zu erklären. "Komm, du kannst das!" fordert Betti Engels ihre Freundin auf. Sie kniet sich hin und beginnt die Reanimation unter Anleitung. "Erst prüfen, ob der Verletzte noch atmet. Dann suche ich mir den Punkt in der Mitte zwischen den Brustwarzen und lege eine Hand darauf. Dann die zweite Hand darüber legen und mit gestreckten Armen drücken", erklärt er. Passend dazu legen die Kollegen zur gedanklichen Unterstützung den Song "Stayin Alive" auf.

Auch Betti Engels möchte es nun versuchen und geht zu einer zweiten Puppe, die auf einem Tisch liegt. Aufmerksam hört sie zu. Am Ende ist sie begeistert: "Ich bin froh, dass wir hier rein gegangen sind Es ist einfach gut, wenn man weiß, was zu tun ist."

(eba)
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