Porträt Kai Welf Hoyme Ein Künstler lädt zum Spaziergang ein

Mönchengladbach · Neu bei c/o ist Kai Welf Hoyme. Der Gladbacher Künstler arbeitet mit Video, Tanz, Theater, Musik und Performance.

 Baustelle: Bizarre Hausfassade, fotografiert von Kai Welf Hoyme.

Baustelle: Bizarre Hausfassade, fotografiert von Kai Welf Hoyme.

Zu unserem Treffen hat Kai Welf Hoyme die Volière im Bunten Garten vorgeschlagen und zieht fürs Foto ein Styropor-Rotkehlchen aus der Hemdtasche. "Eine spontane Idee. Ich dachte an so etwas wie Natur und künstlich und vielleicht ein etwas anderes Künstler-Porträt."

 Zum Fototermin an der Volière im Bunten Garten brachte der neue c/o-Künstler Kai Hoyme ein künstliches Rotkehlchen mit.

Zum Fototermin an der Volière im Bunten Garten brachte der neue c/o-Künstler Kai Hoyme ein künstliches Rotkehlchen mit.

Der Coup gefällt, die Sonne lacht, freundlich blühen botanische Seltenheiten in Kübeln. Kai Hoyme steht leger an einem Ort Mönchengladbachs, den er eng mit seiner Biografie verknüpft. Der, sagen wir der Einfachheit halber, Medienkünstler lebt heute zwischen Köln und Münster und seinem Elternhaus um die Ecke, viele Stunden seiner Kindheit und Jugend hat er im Bunten Garten zugebracht. Und offenbar genossen. Denn der Neue im Kreis der von der Stadt geförderten c/o-Künstler lädt, wenn wieder Parc/ours-Zeit ist (am 21. und 22. September), eine Gruppe Interessierter zu einem Spaziergang ein, der zu einem Ort seiner Kindheit führt. Nicht weit entfernt, am Rande des Hauptfriedhofs. Titel: "Imaginative Orte I. Die Schlucht. Eine Spurensuche."

1979 geboren, geht der junge Mann aus akademisch-musischem Hause nach dem Abi an der Gesamtschule Hardt mit 21 Jahren zum Studium nach Bochum, wählt mit dem Hauptfach Komparatistik einen Bereich der vergleichenden Kulturwissenschaften, der seinem Interesse an Grenzen überschreitender Kunst entgegen kommt. Philosophie, Sozialwissenschaften, Literatur polstern das Studium aus, in dem sich ein an der Schule grundgelegtes Interesse für Video-Kunst, Musik und Performance verfestigt. Nach dem Magister folgt an der Kölner Medienhochschule ein Diplomstudium, an dessen Ende 2009 eine Arbeit entsteht, in der Heiner Müllers "Hamletmaschine" zu einer Installation aus Video-Projektion, Musik, Theater und Tanz in einem labyrinthischen Raum findet.

Hoymes Beschreibungen seiner inzwischen vielfach ausgezeichneten Arbeiten, die auf Festivals für Video oder Experimentalfilm international laufen, sind nicht leicht nachzuvollziehen. "Ich finde auch hermetische Kunst sehr interessant. Wozu soll Kunst einfach sein? Die Zukunft liegt in der Komplexität." Sagt er und erläutert die verschiedenen Ebenen, aus denen etwa seine Arbeit "Nocturne" besteht, deren Titel er vom musikalischen Nachtstück zu einer nächtlichen Veränderung, Verwandlung umdeutet. "Das Tanz-Video arbeitet auch mit Animation, in der sich Unheimliches ereignet. Die Nähe zum Horror-Genre finde ich spannend."

Noch, und daran wird sich seiner Meinung nach absehbar kaum etwas ändern, kann Kai Welf Hoyme nicht von seiner Kunst leben. Dem 34-Jährigen ist der Weg der Autonomie, abseits von Kunstmarkt-Kunst und politischer Kunst, wichtiger. Zum Broterwerb arbeitet er im Rahmen der vom Land geförderten Aktion "Kunst und Schule" derzeit mit Jugendlichen. Diese Jahresprojekte klingen lebendig und unverpädagogisiert. "Es ist notwendig, dass sich eine Gesellschaft freie Kunst leistet", sagt der Künstler. Mit seinem Interesse an der "sehr lebendigen Kunst-Szene" Mönchengladbachs will Kai Welf Hoyme seiner Heimatstadt etwas von dem zurückgeben, was er hier einst aufgesogen hat. – Sein Vögelchen nimmt er wieder mit nach Hause.

(ark)
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