Mönchengladbach Ein Geschenk aus Dankbarkeit

Mönchengladbach · Eine auflackierte Deutschlandfahne ziert den 30 Jahre alten Trabi: Als Präsent der Handwerkskammer Leipzig kam das Relikt aus DDR-Zeiten in den Westen. Zehn Jahre stand er herum, bis Erhard Kehreit den Wagen erlöste.

Wie viele Arbeiter braucht man, um einen Trabi zu bauen? Zwei: einen, der klebt, und einen anderen, der faltet. Wer einen Trabant fährt, ist solche Witze gewohnt. Sich ein dickes Fell zuzulegen, ist für Trabi-Fahrer von Vorteil. Das war früher schon so und ist heute nicht anders. Doch es gibt sie immer noch: die Liebhaber der Rennpappe – wie der Trabant auch genannt wird. Erhard Kehreit ist dem Charme des DDR-Volkswagens ebenfalls erlegen. Dabei kam er eher zufällig an sein Gefährt.

Kehreit entdeckte den Trabi eines Morgens auf dem Weg zu seiner Arbeit. Das Auto stand aufgebockt in der Tiefgarage der Handwerkskammer Düsseldorf. Der 68-jährige Angestellte der Kreishandwerkerschaft arbeitete im Gebäude direkt gegenüber. Also erkundigte er sich nach dem Fahrzeug und stieß dabei auf eine interessante Geschichte.

Der Trabant war ein Geschenk der Handwerkskammer Leipzig an die Handwerkskammer Düsseldorf. Man wollte sich auf diesem Wege bedanken: Denn die Düsseldorfer hatten die Leipziger nach der Wiedervereinigung dabei unterstützt, auf westliches Niveau zu kommen. Als Zeichen der Dankbarkeit wurde der Trabant meisterlackiert und erhielt die Deutschlandfahne als besonderes Extra. "Da wurde nichts geklebt", betont Erhard Kehreit stolz.

Letzten Endes war die außergewöhnliche Lackierung ausschlaggebend für Kehreits Interesse an dem Wagen. "Es hat mich gereizt und ich fand es einfach schade, dass der Trabi so sein Dasein fristen sollte", erzählt er. Also wandte sich Erhard Kehreit an die Geschäftsführung der Düsseldorfer Handwerkskammer. Es brauchte zwei Jahre des Bittens und Bettelns, bis der 68-Jährige den Trabanten schließlich übernehmen konnte. Kaufen konnte Kehreit ihn nicht, also spendete er einem Tierschutzverein 500 Euro und erlöste den Trabanten aus seinem zehnjährigen Dornrösschenschlaf in der Tiefgarage.

Doch die Rennpappe machte ihrem Namen alle Ehre und war nicht in Gang zu kriegen. Die erste Werkstatt zu der Erhard Kehreit den Trabi brachte, bekam den Wagen nicht ans Laufen. Aus lauter Verzweiflung schaffte er sich sogar das Buch "Trabant gekauft, was nun?" an, und stellte es den Werkstätten zur Verfügung.

Vier weitere Meisterwerkstätten folgten, doch keine konnte dem Trabanten zum Leben erwecken. Letzten Endes wurde Erhard Kehreit in Ratingen fündig. Dort gab es eine Autowerkstatt, die sich mit DKW-Motoren (Zweizylinder-Zweitaktmotor) auskannte. "Eigentlich dachte ich, dass so ein Rasenmäher-Motor kein Problem für die Fachleute darstellt. Aber damit lag ich wohl falsch", sagt er.

Insgesamt zwei Jahre werkelte man an dem alten Trabi aus dem Jahr 1981 herum. Knapp 2000 Euro Reparaturkosten kamen auf den neuen Eigentümer zu. Im Jahr 2005 konnte Kehreit den Wagen schließlich anmelden. So fahren er und seine Frau Claudia bei schönem Wetter mit dem 30 Jahre alten Trabanten durch die Dörfer um Korschenbroich. Die Reaktionen der Leute sind dabei durchweg positiv. "Die meisten Leute lächeln zumindest, wenn wir mit dem Trabi ankommen", erzählt Claudia Kehreit.

Wenn das Ehepaar mit ihrem Trabanten eine Tankstelle anfährt, dann ist immer besondere Vorsicht geboten. Denn Zweitakter-Motoren sind sehr empfindlich. So tankt das 26 PS starke Relikt aus DDR-Zeiten kein normales Benzin. Im Verhältnis eins zu vier wird dem Benzin Öl beigemischt. "Da müssen wir jedes Mal aufpassen", sagt Erhard Kehreit. Doch langsam wird der Platz eng für das alte Auto. So suchen die Kehreits nach einer Dauerlösung für das Wiedervereinigungs-Geschenk aus Leipzig.

(RP)
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