Mönchengladbach Ein Foul mit vielen Folgen

Mönchengladbach · Alexander Putilin wurde als Fußballtalent gehandelt. Doch mit 14 Jahren endete der Traum von der Profi-Karriere jäh. Bei einem brutalen Foul wurde Alexander schwer verletzt. Seitdem hat er Angst, Fußball zu spielen.

Der Schock sitzt immer noch tief. "Ich bin innerlich wie blockiert", sagt Alexander Putilin. Das Erlebnis, das mehr als zwei Jahre her ist, hat bei dem 16-Jährigen Spuren hinterlassen: Er hat Angst, auf einen Fußballplatz zu gehen.

Es ist der 11. Oktober 2008: Alexander kämpft als Stürmer des 1. Fc Mönchengladbach im Pokalspiel der C-Jugend gegen die Spielvereinigung Odenkirchen. Es geht hart zur Sache in der Endphase. Als der Ball für Alexanders Widersacher aus Odenkirchen schon außer Reichweite ist, greift der von hinten an. Mit einem Fuß zielt er auf Alexanders Knie. Es kommt zum Zusammenstoß. Alexander bricht sich bei dem Foulspiel den Oberschenkelknochen und zweimal den Unterschenkel. Schreiend bricht er auf dem Platz zusammen. Der Gegenspieler bekommt die gelbe Karte und eine Zeitstrafe vom Schiedsrichter.

Alexanders Vater, der das Spiel vom Rand beobachtet, fährt seinen Sohn kurze Zeit später ins Elisabeth-Krankenhaus. Dort wird Alexander notoperiert, eine Woche lang bekommt er Schmerzmittel. Als er endlich wieder nach Hause darf, hat Alexander noch sechs Monate mit den Folgen des Angriffs zu kämpfen – geschientes Knie, Krankengymnastik, Krücken.

Alexanders Familie will auf jeden Fall Gerechtigkeit: "So viel Brutalität muss bestraft werden", finden sie. Schon wenige Tage nach dem Spiel kontaktieren sie ihren Anwalt, Markus Kluck. Ein Strafverfahren wird eingeleitet, später aber wieder eingestellt. "Wir haben dann Zivilklage eingereicht und jetzt auch gewonnen", sagt Markus Kluck. Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte den Odenkirchener Spieler zu einer Zahlung von 2000 Euro Schmerzensgeld an Alexander Putilin.

"Ich bin froh, dass das Gericht erkannt hat, dass die Grenze zur Unfairness weit überschritten war", sagt der heute 16-jährige Alexander. Über das Urteil können er und seine Familie sich derzeit aber nicht richtig freuen. "Es war wie ein Schlag ins Gesicht, als ich in der vergangenen Woche erfuhr, dass sich der Gegenspieler meines Sohnes jetzt als Opfer des Gerichts sieht und bei seiner Berufung auf die Unterstützung des DFB hofft", sagt Elena Putilin. Sie möchte am liebsten mit dem Fall abschließen. Die Unruhe in der Fußballwelt über das Urteil versteht sie nicht. Alexander auch nicht.

Der 16-Jährige, der bei Thyssen Krupp eine Ausbildung zum Elektriker macht, musste einen Traum begraben: eine Karriere als Fußball-Profi. Zwar sei er körperlich wieder in der Lage, Fußball zu spielen, habe auch noch einmal an einem Training teilgenommen. "Aber ich habe Angst, noch einmal so verletzt zu werden. Ich werde das Fußballspielen aufgeben", sagt Alexander. Dabei galt er beim Verein als sehr talentiert. Es war erst das zweite Spiel, das er im Herbst 2008 nach einer Wechselsperre von seinem ersten Verein SV Dohr beim 1. FC absolvieren durfte.

Heute sagt Alexander: "Es hat sich gelohnt, die Strapazen der vergangenen zwei Jahre vor Gericht durchzustehen. Nicht wegen des Schmerzensgeldes, sondern um deutlich zu machen, dass es beim Jugendfußball auch um Spaß gehen muss - bei allem Ehrgeiz, Profispieler werden zu wollen." Land und Leute Seite A 3

(RP)
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