Mönchengladbach Ein erstes Brot aus Ackerbohnen

Mönchengladbach · Die Kelzenberger Bäckerei bringt heute ein Mischbrot auf den Markt, das aus Dinkel und Ackerbohnen besteht. Letztere sollen als Alternative zu Importsoja aufgebaut werden. Dafür setzt sich der neue Verein "Rheinische Ackerbohne" ein.

 Maria (48) und Karl-Adolf Kremer (56) an ihrem Ackerbohnenfeld in Linnich-Kofferen. In der Mitte Benedikt Andler (21) von der Kelzenberger Bäckerei, der sein Ackerbohnenmischbrot "Ackbo" zeigt.

Maria (48) und Karl-Adolf Kremer (56) an ihrem Ackerbohnenfeld in Linnich-Kofferen. In der Mitte Benedikt Andler (21) von der Kelzenberger Bäckerei, der sein Ackerbohnenmischbrot "Ackbo" zeigt.

Foto: Jürgen Laaser, Jan Schnettler

Die Geschmacksknospen der Landjugend waren der Gradmesser - und die waren ziemlich angetan. In Linnich im Kreis Düren ist das Brot, das es ab heute erstmals zu kaufen gibt, also bereits verkostet worden. "Ackbo" heißt es, der erst 21-jährige Mönchengladbacher Bäckermeister Benedikt Andler hat es entwickelt, und die Inhaltsstoffe sind höchst ungewöhnlich: 60 Prozent Dinkel, okay. Aber die restlichen 40 Prozent? Ackerbohne! Ackbo - Ackerbohnenbrot. Denn bei der Feldfrucht, die auch als Saubohne, Favabohne oder Dicke Bohne bekannt ist, handelt es sich um eine mehr oder weniger in Vergessenheit geratene regionale Eiweißpflanze, die durchaus wieder als Alternative zu importiertem Soja dienen könnte. Und soll, wenn es nach dem Verein "Rheinische Ackerbohne" geht.

Den haben Maria und Karl-Adolf Kremer ins Leben gerufen, die in besagtem Linnich einen Hof betreiben - und auf sieben Hektar selber Ackerbohnen anbauen. Mit der Kelzenberger Bäckerei aus Güdderath haben sie eine Bäckerei an der Hand, die, sozusagen als Feldversuch, ein Ackerbohnenbrot entwickelt und auf den Markt gebracht hat. Knusprig ist es, schmackhaft - und von der Konsistenz her wohltuend anders als die häufig etwas feucht anmutenden Eiweißbrote. "Beim Ackerbohnenmehl muss viel Wasser zugesetzt werden, das bei der Alterung dann ans Brot abgegeben wird", sagt Andler. Mit der Folge, dass das Brot auch nach vier bis fünf Tagen noch frisch schmecke. Zumal die Mischung aus Dinkel und Ackerbohne auch noch ein glutenarmes Gesamtresultat ergebe.

 Die Rheinische Ackerbohne wird im August mit dem Mähdrescher geerntet und ist dann sehr hart, fast wie Kaffeebohnen.

Die Rheinische Ackerbohne wird im August mit dem Mähdrescher geerntet und ist dann sehr hart, fast wie Kaffeebohnen.

Foto: Schnettler

Aber warum Ackerbohnen? Den Kremers kam die Pflanze in den Sinn, als die Freihandelsabkommen TTIP und CETA in der Diskussion waren. "82 Prozent des Importsojas sind genmanipuliert, aber 75 Prozent der deutschen Bevölkerung wollen keine gentechnik-veränderten Nahrungsmittel essen", sagt Karl-Adolf Kremer. "Das ist doch paradox." Im Januar wurde ihr gemeinnütziger Verein gegründet, durch Landwirte, Verbände, Institutionen und Förderer, im Landesumweltamt in Essen. Erste Milchhöfe füttern ihre Kühe damit, Legehennenbetriebe ihre Hühner, Agrargenossenschaften sind mit im Boot, ebenso Imker und Fleischer. Und eben Bäcker, darunter als Pioniere die Kelzenberger Bäckerei.

Der kleine Familienbetrieb besteht seit 1926, 2008 zog er aus Jüchen-Kelzenberg nach Güdderath. Die dortige Backstube ist der einzige Verkaufsladen, dazu gibt es noch ein Marktfahrzeug (donnerstags in Giesenkirchen und samstags in Rheydt auf den Wochenmärkten). Ende 2016 wurde die Bäckerei einmal mehr vom "Feinschmecker" ausgezeichnet. Andlers Mutter Karin führt das fünfköpfige Team plus einem Auszubildenden, mit dem Jungbäcker steht die fünfte Generation schon in den Startlöchern. "Bei uns werden echtes Handwerk und Regionalität großgeschrieben", sagt Benedikt Andler, der schon mit 19 seinen Meister machte. Mit dieser Einstellung hat er bei den Kremers natürlich offene Türen eingerannt.

Die sind mittlerweile aber auch mit drei großen Bäckereiketten im Gespräch. Auch dort erkenne man die Vorzüge der heimischen Soja-Alternative zusehends, sagt Maria Kremer. Zumal die Ackerbohne - neben dem Verzicht auf Gentechnik - noch andere Vorzüge biete. Etwa eine Verringerung der Treibhausgase (weil es keine Nitratauswaschung gibt) und einer Stärkung des Naturschutzes (die Pflanzen blühen, sobald der Raps abgeblüht ist, und helfen somit Bienen und Hummeln durch schwierige Zeiten).

Weitere Informationen zum Verein "Rheinische Ackerbohne" gibt es auf www.rheinische-ackerbohne.de oder unter Telefon 02462 2125. Die Kelzenberger Bäckerei sitzt an der Hanns-Martin-Schleyer-Straße 53 in Güdderath und ist unter www.schwarz-brot.de oder Telefon 02166 1305253 zu erreichen. Geöffnet ist dienstags bis freitags von 6 bis 14.30, samstags von 7 bis 13 Uhr.

Weiterer Bericht Seite "Gut Leben" im Hauptteil der Rheinischen Post

(tler)
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