Mönchengladbach Ein Balte für den Niederrhein

Mönchengladbach · Nach zwei englischen Generalmusikdirektoren (GMD) bekommt das Theater Krefeld/Mönchengladbach im nächsten Jahr ein "Nordlicht" als Chef der Niederrheinischen Sinfoniker. Der Este Mihkel Kütson (39) arbeitet vor seinem Wechsel nach Mönchengladbach noch ein Jahr in Flensburg.

 Noch ein gutes Jahr bleibt Graham Jackson Generalmusikdirektor am Niederrhein. Ab Spielzeit 2012/2013 tritt dann der Este Mihkel Kütson (

Noch ein gutes Jahr bleibt Graham Jackson Generalmusikdirektor am Niederrhein. Ab Spielzeit 2012/2013 tritt dann der Este Mihkel Kütson (

Foto: Isabella Raupold

Ein Eindruck drängt sich bei Gesprächen mit dem künftigen GMD schnell ins Bewusstsein: "Irgendwie sympathisch, dieser Mann". Der Grund für diese Wirkung des künftigen Generalmusikdirektors Mihkel Kütson liegt in einer Kombination: Freundlich, höflich, selten ironisch, aufgeschlossen, herzlich lachend, offenes Wesen. Diese Kombination macht es wohl erklärlich, wieso der Aufsichtsrat der Bühnen sich die Qual der Wahl eines Nachfolgers für Graham Jackson ab der Spielzeit 2012/13 ziemlich leicht gemacht hat. Indem er letztlich auf eine Wahl zwischen mehreren Kandidaten verzichtete.

Binnen Jahresfrist bekommt Intendant Michael Grosse einen guten Bekannten an die Seite. Denn Mihkel Kütson ist derzeit noch GMD des Landestheaters und Sinfonieorchesters Schleswig-Holstein, wo bis vor einem Jahr auch Michael Grosse als Intendant wirkte. So kommen zwei Kollegen an anderem Ort wieder zusammen.

Zwitschernde Vögel

Mihkel Kütson hat bereits im heimatlichen Kindergarten begonnen, seine Musikalität auszubilden. "Bei der musikalischen Früherziehung ist Estland einfach mustergültig aufgestellt", schwärmt der dreifache Familienvater, "davon habe ich als Vorschulkind auch profitieren können. Bereits im Kindergarten wusste ich, dass ich Musiker werden wollte, nämlich ein Komponist, der im Wald das Zwitschern der Vögel aufschreibt und daraus Musik erschafft." Elf Jahre auf dem Musikgymnasium sorgten dann für einen kontinuierlichen Ausbau seiner musikalischen Fähigkeiten. Zum Klavier trat ab Klasse 8 dann die Posaune hinzu, und auch Komponieren stand auf dem Lehrplan. "Doch die Einsamkeit am Schreibtisch ist nichts für mich, fand ich bald heraus. Und so verlegte ich meinen Schwerpunkt auf die Chorarbeit", erzählt Kütson.

Woher sein Name genau herrührt, weiß der künftige GMD nicht. "Es kann sein, dass der Name Kütson schwedischen Ursprungs ist", mutmaßt der Dirigent, der in Flensburg ein 59-köpfiges Orchester leitet. Also wird er beim Wechsel zu den 85 Musiker zählenden Niederrheinischen Sinfonikern einen auch im Volumen spürbaren Karrieresprung vollziehen. Neben der Arbeit mit dem Orchester ist Mihkel Kütson aber auch wichtig, "gelegentlich Gastdirigate wahrzunehmen". "Das ist für Dirigenten sehr wichtig, es verschafft ihnen frische Eindrücke, und auch durch die Begegnung mit anderen Orchestern wächst die Musikerpersönlichkeit des Dirigenten", ist seine Überzeugung. In seinem für zunächst fünf Jahre am Niederrhein unterschriebenen Vertrag sei auch dieses Gastierrecht fest vereinbart.

Mit den bisher betreuten Orchestern habe er nur selten CDs aufgenommen, zuletzt mit Werken des estnischen Komponisten Eino Tamberg mit dem Staatsorchester Tartu (Südestland). "Und das Deutschland-Radio Berlin hat Aufnahmen von Dvoáks Violinkonzert und der symphonischen Dichtung ,Die kleine Meerjungfrau' von Zemlinsky gemacht", informiert der Este. Auch die Konzerte mit diversen Rundfunkorchestern sind veröffentlicht. Wichtig sei für ihn unter anderem die Arbeit mit der Staatskapelle Dresden in der Semperoper gewesen, wo er im Dezember 2010 die Wiederaufnahme von Humperdincks Oper "Hänsel und Gretel" leitete. 2012 werde er dort Mozarts "Don Giovanni" dirigieren. Im Januar 2011 hat er mit der Sinfonie "Los Angeles" seines Landsmanns Arvo Pärt die polnische Erstaufführung dieses Werks mit der Warschauer Philharmonie verantwortet. "Das Wichtigste bei der Arbeit ist, dass man mit dem Orchester auf einer Wellenlänge ist und sich ohne viele Worte versteht", sagt der baltische Musiker.

Mihkel Kütson ist verheiratet und hat drei Töchter im Alter von 16, elf und fünf Jahren. Seine Hobbys sind Joggen und Segeln.

(RP)
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