Interview Wolfram Goertz Ein Abend mit Wagner im Orff-Saal

Mönchengladbach · Der Musikjournalist Dr. Wolfram Goertz hält morgen, 20 Uhr, einen Vortrag über den vor 200 Jahren geborenen Komponisten. Es gibt noch Karten.

 Interviewpartner Dr. Wolfram Goertz: "Manches in Wagners Werken ist hochkomisch."

Interviewpartner Dr. Wolfram Goertz: "Manches in Wagners Werken ist hochkomisch."

Foto: KN

200 Jahre Richard Wagner — den Geburtstag hat das hiesige Theater mit dem Frühwerk "Rienzi" begangen. Was werden Sie von diesem Musik- und Gefühlsversteher berichten?

Wolfram goertz Dass er ein großer Meister und ebenso großer Maulheld war. Dass er das Musiktheater völlig neu erfand und dabei auch manche Längen bewusst in Kauf nahm. Dass sein Leben von etlichen Irrungen und Wirrungen gekennzeichnet war — dies und noch viel mehr werde ich erzählen.

Der Titel Ihres Vortrags, "Lohengrin am Niederrhein", stellt den Gralsritter und Wagners gleichnamige Oper "Lohengrin" heraus. Dieses Werk ist hier seit Ewigkeiten nicht mehr auf der Bühne zu sehen gewesen. Wieso heben Sie zentral auf diese Oper ab?

Goertz Ich fand die Überschrift "Lohengrin am Niederrhein" lustig, außerdem spielt die Oper ja im nahen Brabant. In der Tat kommt "Lohengrin" zweimal in meinen Musikbeispielen vor, natürlich auch deshalb, weil wir hier dieses tragische "Lohengrin"-Defizit haben, von dem Sie sprechen.

Sie werden Ausschnitte aus Aufnahmen von Wagner-Opern spielen. Sind da ein paar Raritäten dabei?

Goertz Ja, einige Wagnerianer werden beglückt sein, andere in Ohnmacht fallen. Ich habe ja ein Faible für das Ausgefallene, und diesem Faible werde ich frönen.

Sie sind Musikwissenschaftler, Chorleiter, Organist — und promovierter Mediziner. Können Ärzte die Wirkung von Wagners Musik stichhaltiger erklären als Musiker? Wieso fasziniert seine Musik?

Goertz Wagner hatte sehr viel intuitives Gespür für neuropsychologische Vorgänge. Er hat auf ganz einzigartige Weise die Ausschüttung von Endorphinen musikalisch programmiert. Das kann man nachweisen, und dieser Nachweis wird in meinem Vortrag sehr spannend und kurzweilig ausfallen.

Warum reagieren einige Leute jedoch allergisch auf Wagner-Klänge?

Goertz Weil er ihnen unmäßig vorkommt, zu lang, überbläht, zu dick orchestriert, zu laut gesungen. In Wirklichkeit hat Wagner sehr viele zarte Momente. Man muss sie nur entdecken.

Hatte Wagner eigentlich Humor?

Goertz Nein, nicht wirklich. Aber in seiner Art, Humor nicht zuzulassen, war er erheiternd. Lustige Momente gibt es allerdings, vor allem im "Ring". Insgesamt ist sein ganzes Werk natürlich auf gewisse Weise komisch, sogar hochkomisch, etwa darin, wie Götter fortwährend nachweisen, dass sie auch nur kleine Krauter sind wie wir alle.

Giuseppe Verdis 200. Geburtstag wird Anno 2013 ebenfalls gefeiert. Welches der beiden Genies ist das größere?

Goertz Beide sitzen nebeneinander im Olymp, essen täglich zu Mittag und freuen sich, wenn die Antwort mal so, mal so ausfällt. Jeder von ihnen ist unvergleichlich.

Wir feiern am Vortragsabend auch 30 Jahre Carl-Orff-Saal. Was hielt eigentlich der Komponist der Carmina Burana von Richard Wagner?

Goertz Diese Frage erwischt mich auf dem falschen Fuß. ich gehe ihr nach und liefere die Antwort in meinem Vortrag. Danke für die Anregung.

DIRK RICHERDT STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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