Mönchengladbach "Ehrenmal schadet keiner Seele"

Mönchengladbach · Was darf man Kindern heute zumuten? In der Diskussion um das Ehrenmal in der katholischen Grundschule Waldhausener Höhe ist ein Streit über diese Frage entbrannt. Viele finden, dass die täglichen Bilder in den Nachrichten der kindlichen Psyche mehr schaden als eine Soldatendarstellung.

Das sagen unsere Leser zur Ehrenmal-Diskussion
Infos

Das sagen unsere Leser zur Ehrenmal-Diskussion

Infos
Foto: Isabella Raupold

Georg Hoffmeister befasst sich täglich mit der Psyche von Kindern. Doch für manche Diskussionen, die heute geführt werden, um "arme, kleine Seelen zu schonen", hat der Schulpsychologe wenig Verständnis. Der Kruzifix-Streit im Klassenzimmer ist so ein Beispiel, aber auch die Debatte über das Ehrenmal in der katholischen Grundschule Waldhausener Höhe.

Weil das Mahnmal in der Schule bewaffnete Soldaten in Kampfuniform zeigt, hatten sich viele Besucher der Schule beschwert. Diese Darstellung sei nicht kindgerecht und müsse aus der Grundschule entfernt werden, forderten sie. Doch etliche Waldhausener protestierten: Die Erinnerung an die Gefallenen und an die Kriegsgräuel dürften nicht vernichtet werden. Die Stadt sieht sich nun im Zugzwang: Sie will das Soldatenbild verhängen, damit die Kinder nicht täglich auf Gewehre schauen müssen.

Es gibt grausamere Szenen

"Manche Szenen in der Tagesschau sind viel grausamer als die Darstellung im Foyer der Schule", sagt Georg Hoffmeister, "oder gehen Sie ins Museum: Da hängen zum Teil pornographische Bilder." Nach Ansicht des Schulpsychologen werden "heute Dinge auf die Psycho-Ebene gerückt, die da nicht hingehören". Weder ein Kreuz im Klassenzimmer noch ein Ehrenmal im Schulflur sorge für die Verrohung der Seele, glaubt Hoffmeister.

Kindern werde heute auf anderen Ebenen viel zu viel zugemutet — manchmal ohne das Wissen der Eltern, manchmal aber auch mit ihrer Billigung. Videospiele, bei denen das Blut in Strömen fließt, gehören für den Schulpsychologen dazu, "auch wenn ich nicht glaube, dass aus jedem Videospieler gleich ein Amokläufer wird". Man könne nicht alle Denkmäler abreißen, findet Hoffmeister. Auch Kinder müssten sich der Historie stellen, wobei die Aufklärung durch Erwachsene natürlich wichtig sei.

Bert Lingen hat als Kind die katholische Grundschule Waldhausener Höhe besucht. Auch er ist damals täglich an dem Ehrenmal vorbeigelaufen, aber seiner Seele habe das nicht geschadet, wie er sagt. Er will betont wissen, dass er kein Militarist ist und auch kein Heldenverehrer. Trotzdem ist er für den Erhalt des Mahnmals. Denn auf den Gedenktafeln steht auch der Name seines Onkels.

"Hubert Onkelbach war Priester und wurde als Feldgeistlicher eingezogen. Ostern 1939 wurde er in St. Peter Waldhausen geweiht, 1944 in Rumänien erschossen", berichtet Bert Lingen.

Wie sein Onkel stünden sicherlich noch viele andere auf den Tafeln, die nicht freiwillig in den Krieg gezogen sind. Die Erinnerung an sie müsse wach gehalten werden. Für Bert Lingen ist auch der Standort des Ehrenmals ideal. "Die Schule ist der Mittelpunkt unseres Ortsteils." So wird die Schule zum Beispiel auch als Wahllokal genutzt.

"Man sollte einen Weg suchen und finden, Kindern den Sinn eines solchen Ehrenmals zu erklären", schlägt RP-Leser Andreas Eßer vor. Eine Verhüllung der Darstellung mache aus dem geschichtlichen Hintergrund etwas "Geheimnisvolles". Und Johannes Hill findet eine Verhüllung den Gefallenen gegenüber "unwürdig".

Auch er glaubt, dass Kinder im Fernsehen täglich martialischere Bilder sehen. Für Stadtsprecher Dirk Rütten hat das Ehrenmal in der Schule etwas Identitätsbildendes. "Das ist eben die Frage, ob man als Schule so etwas möchte."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort