Mönchengladbach EGM wird zu Grabe getragen

Mönchengladbach · Bei dem insolventen Automobilzulieferer protestierten die Mitarbeiter am Dienstag letztmalig gegen die Schließung. Kollegen aus umliegenden Firmen standen ihnen bei und ließen den Fackelzug auf 300 Menschen anwachsen.

 Nach der ersten Insolvenz 2006 konnten durch den Einstieg des indischen Investors Sanjay Bichu (hinten) Entlassungen verhindert werden.

Nach der ersten Insolvenz 2006 konnten durch den Einstieg des indischen Investors Sanjay Bichu (hinten) Entlassungen verhindert werden.

Foto: Ilgner

Hardterbroich Schon von weitem sind die Trillerpfeifen zu hören. Im flackernden Blaulicht der begleitenden Polizeifahrzeuge bewegt sich der Zug rund um das Karree, auf dem die Werkshallen des Gladbacher Traditionsunternehmens stehen, das früher Eisengießerei Monforts hieß.

Vorneweg wird ein schwarzer Sarg getragen, mit dem symbolisch 175 Arbeitsplätze zu Grabe getragen werden. Mit Trillerpfeifen protestieren die Beschäftigten des Automobilzulieferers EGM Automotive gegen die bevorstehende Schließung ihres Betriebes.

Um die Mitarbeiter des insolventen Unternehmens, die alle zum Ende des Jahres gekündigt wurden, zu unterstützen, haben sich auch viele Kollegen aus den umliegenden Firmen angeschlossen. Betriebsräte und Mitarbeiter von Schorch, Alstom Grid, Schlafhorst, Nexans und SMS Meer lassen den Fackelzug auf gut 300 Menschen anwachsen.

Ein letzter Protest, bevor 114 Jahre Firmengeschichte unrühmlich zu Ende gehen. Die berufliche Zukunft der EGM-Mitarbeiter sieht düster aus. "Nur ungefähr zehn Kollegen haben schon einen neuen Arbeitsplatz", sagt Betriebsratsvorsitzender Ahmet Özkan. "Für die anderen wird es schwer, etwas zu finden, weil es nicht mehr viele Eisengießereien gibt."

Munnet Karatas ist, wie einige seiner Kollegen, mit Frau und Kindern zum Protest gekommen. Im August hat er die Kündigung bekommen, in vier Wochen wird der 38-Jährige arbeitslos sein. "Aber wie die anderen habe ich Kündigungsschutzklage eingereicht", sagt der Arbeiter.

Dass sich damit die Arbeitslosigkeit abwenden lässt, glaubt aber keiner mehr. "Würde der Betrieb fortgeführt, hätte es einen Sinn", sagt Özkan. "Aber wenn er geschlossen wird, wird keiner damit Erfolg haben." Er ist froh, dass wenigstens schon sechs der 13 Auszubildenden von anderen Gladbacher Betrieben aufgenommen wurden. Für die anderen könnte es schwierig werden, weil es den Beruf des Eisengießerei-Technikers kaum noch gibt. Sie müssten sich im Zweifel komplett neu orientieren.

Auf der hell erleuchteten Theodor-Heuss-Straße bildet sich ein Stau hinter dem Protestzug. "Wir wollen zeigen, dass wir noch da sind", sagt Dirk Poos, Betriebsrat im benachbarten Unternehmen Alstom Grid. "Es geht darum, sich solidarisch zu zeigen. Wir waren auch bei der ersten Insolvenz da und haben die Kollegen unterstützt."

Damals, 2006, konnten durch den Einstieg des indischen Investors Sanjay Bichu Entlassungen verhindert werden. Auch vor fünf Jahren sind die Mitarbeiter von EGM auf die Straße gegangen und hielten am alten Werkstor des Unternehmens an der Breite Straße eine mehrtägige Mahnwache ab.

Jetzt stehen sie an derselben Stelle, wieder lodern Feuer in großen Blechfässern. Die Mitarbeiter wollen mit ihrer Mahnwache die ganze Nacht ausharren — auch wenn es dieses Mal wohl keine Hoffnung auf eine Rettung mehr gibt.

(gam)
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