Mönchengladbach Durchbruch

Mönchengladbach · Die Frau hat Power: Was seit Jahrzehnten in der Stadt diskutiert wird, hat Ghita Skali einfach gemacht. Die marokkanische Künstlerin hat die Oberstadt mit dem Museum Abteiberg verbunden.

 Die Künstlerin Ghita Skali hat die Hindenburgstraße durch einen 30 Meter langen Tunnel mit der Krichelstraße verbunden.

Die Künstlerin Ghita Skali hat die Hindenburgstraße durch einen 30 Meter langen Tunnel mit der Krichelstraße verbunden.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Auf dem Klingelschild steht "Hotel ist geschlossen". Stimmt, das Haus an der oberen Hindenburgstraße hat schon lange keine Gäste mehr beherbergt. Es gehört der Entwicklungsgesellschaft der Stadt und wird seit geraumer Zeit Künstlern für besondere Aktionen zur Verfügung gestellt. Jetzt hat die Atelierstipendiatin Ghita Skali das Hotel wieder geöffnet. Zumindest teilweise. Und auf jeden Fall effektiv. Durch einen neu geschaffenen Zugang vom Treppenhaus in das ehemalige Foyer des Hotels Oberstadt gelangt der Besucher in einen 30 Meter langen, in blaues Licht getauchten Tunnel. Am Ende steigt er eine Kellertreppe empor und landet auf der Krichelstraße. Und zwar unmittelbar an die Stelle, an der die Brücke zum Museum Abteiberg führt. Genial. Das hätte dem damaligen Museumsdirektor Johannes Cladders und dem Architekten des Museums Hans Hollein gefallen. Die beiden Visionäre verfolgten schon ab Ende der 1970er Jahre genau diese Idee: eine Verbindung zwischen der Einkaufsstraße und dem Museum zu schaffen. Diskutiert wird ihre Umsetzung bis heute.

 "Hotel ist geschlossen" steht schon lange auf dem Klingelschild.

"Hotel ist geschlossen" steht schon lange auf dem Klingelschild.

Foto: Inge Schnettler

Aus vier Lautsprechern erklingen Stimmen. Ghita Skali hat einige Mönchengladbacher interviewt zu ihrer Wahrnehmung von "Kunst im öffentlichen Raum". Ein kleiner Junge hat ihr vom Affenfelsen erzählt, der verschwand, als der Eickener Kreisel auf der unteren Hindenburgstraße vergrößert wurde. Er habe auf den Granitfelsen Affen gesehen, hat der Junge erzählt. Sie hätten Bananen gegessen, erinnerte er sich. Ghita Skalis Ausstellung heißt "The disappearance of the monkey's rock" (Das Verschwinden des Affenfelsens).

 In der Glasvitrine neben dem Eingang hängen vier von Vandalen abgetretene Schwänze von Rita McBrides Eseln.

In der Glasvitrine neben dem Eingang hängen vier von Vandalen abgetretene Schwänze von Rita McBrides Eseln.

Foto: Inge Schnettler

Es geht um Abwesenheit. Über Nacht verschwunden waren auch die ursprünglichen Schwänze der Esel von Rita McBride auf dem Sonnenhausplatz. Abgetreten von Vandalen, entsorgt im Gebüsch, wiedergefunden von der Polizei, wurden sie der Künstlerin McBride zurückgegeben. Und die lieh sie Ghita Skali für ihre Abschiedsausstellung im Hotel Oberstadt. Sie hängen aufgeknüpft im Schaukasten neben der Eingangstür.

Die marokkanische Künstlerin hat die Geschichten von Fehlendem, Gefallenem, Wiederentdeckten gesammelt und teilt sie unkommentiert mit den Besuchern ihrer Präsentation. Das ist ihre Art. Neugierig und ohne Vorbehalte folgt sie Gerüchten, Geschichten und Mutmaßungen. Um sie der Öffentlichkeit unvoreingenommen zu präsentieren. Und da kommt zutage: Die Bürger nehmen womöglich mehr wahr von der Kunst in ihrer Stadt, als die verantwortlichen Entscheider bisher dachten.

Susanne Titz, Direktorin des Museums Abteiberg, hat ihre Gedanken schriftlich fixiert. Sie schreibt: "Vielleicht ist die Kunst da draußen in der Stadt doch besser, als man denkt. Vielleicht macht sie doch etwas aus einem Ort, gibt ihm ein Zeichen oder eine Idee." Ghita Skali hat der Stadt ein neue "Denkmal" geschenkt. Es wird (möglicherweise beim Abriss des Hotels) wieder verschwinden - aber ganz sicher nicht aus dem Gedächtnis.

Die Ausstellung im Hotel Oberstadt an der Hindenburgstraße 20-22 kann besichtigt werden am: 31. März und 1. April, am 7. und 8. April, am 14. und 15. April und am 21. und 22. April jeweils von 12 bis 16 Uhr.

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