Podiumsdiskussion Chinesische Investoren: Chance oder Risiko?

Mönchengladbach · Zu einer Podiumsdiskussion mit Wirtschaftsexperten hatte die IG Metall in den Borussia-Park eingeladen.

 Die IG Metall hatte Teilnehmer und Besucher zur Diskussion in den Borussia-Park eingeladen.

Die IG Metall hatte Teilnehmer und Besucher zur Diskussion in den Borussia-Park eingeladen.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Zum Thema „Chinesische Direktinvestitionen – Chance mit Risiken?“ hatte die IG Metall zu einer Diskussion eingeladen. Reimund Strauß, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Mönchengladbach, begrüßte knapp 80 Zuhörer, darunter viele Schorch-Mitarbeiter.

Die Zahl chinesischer Investitionen in Deutschland steigt seit Jahren. Das gilt vor allem für Maschinenbaufirmen. Auch in Mönchengladbach gibt es Erfahrungen mit chinesischen Investitionen. 2011 übernahm die chinesische Wolong-Gruppe das Traditionsunternehmen ATB Schorch. Alle Beteiligten hofften damals auf eine stabile Zukunft und begrüßten den Einstieg beim Elektromaschinenbauer. Nach einem Sozialplan im Jahr 2015 und einer Insolvenz zwei Jahre später folgte die Ernüchterung. Heute sind noch rund 200 Beschäftigte für Schorch tätig, 2012 waren es 550. Ist also der Einstieg chinesischer Investoren immer Chance und Risiko zugleich? Besteht Grund zur Sorge, dass China deutsche und europäische Firmen samt ihrem Know-how aufkauft, Arbeitsplätze vernichtet und gängige Industrie- und Betriebsstandards aufhebt?

Darüber diskutierte eine hochkarätig besetzte Podiumsrunde, die von von RP-Redakteur Andreas Gruhn moderiert wurde. Wolfgang Lemb, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, betonte, dass Europa vereint gegenüber China auftreten müsse, um Arbeitsplätze und Standards zu sichern; der Strategie „Made in China 2025“, die die chinesische Regierung im Jahr 2000 verkündet hat und die ausländische Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen fördert, sollte ein „Made in Europe 2025“ entgegengesetzt werden. Olaf Caplan, Betriebsratsvorsitzender ATB Schorch, führte die Zuhörer durch die Entwicklung von ATB Schorch seit der Übernahme durch die Wolong-Gruppe. Schorch-Produktlinien werden heute in vollautomatisierten Werken in China produziert, Investitionen in den Gladbacher Standort finden laut Caplan nicht statt. David Bongartz, Prokurist der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach, plädierte dafür, das Bild von China differenzierter zu betrachten. Europa habe noch keine klare Wirtschaftsstrategie entwickelt, und dies räche sich nun. China hingegen, bis vor 30 Jahren eines der ärmsten Länder der Welt, habe sich fest vorgenommen, bis zum Jahr 2025 wirtschaftlich mit den USA gleichzuziehen und 2050 an der weltweiten Spitze angekommen zu sein.

Hans Peter Schlegelmilch ist nicht nur Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Mönchengladbach, sondern auch Geschäftsführer des Unternehmens Imat-uve. Neben deutschen Standorten betreibt Imat-uve seit 2008 Firmensitze in Shanghai und Shenyang – mit unterschiedlichen Erfolgen. Ein Problem sei, dass Chinesen sich nicht an Vereinbarungen hielten. Hier müsse ein besseres gegenseitiges Verständnis her, um diese wichtige Partnerschaft voranzutreiben. Oliver Emons, Referat Wirtschaft der Hans-Böckler-Stiftung, ruft zu einem neuen Blick auf die wirtschaftlichen Verflechtungen mit China auf.

Unklar ist vielen Europäern, wie viel Staat eigentlich in Direktinvestitionen steckt. Lemb betont, dass auch bei kleineren Investitionen privater chinesischer Unternehmen Banken, Städte und Kommunen beteiligt sind. Felix Heinrichs, Vorsitzender der SPD-Fraktionschef im Rat, ergänzte, dass der chinesische Staat einen enormen Druck auf Investoren aufbaue; daher sei oft nicht zu erkennen, wer hinter den Geldgebern steckt.

Mönchengladbach unternimmt seit Jahren Delegationsreisen ins Reich der Mitte, es gibt eine Absichtserklärung mit der chinesischen Partnerstadt Suqian, gemeinsame Bildungsprojekte finden statt, es existiert ein reger Austausch. Schlegelmilch sieht das chinesische Arbeitsrecht ähnlich wie das deutsche strukturiert – interessierte chinesische Investoren kennen nach seiner Erfahrung die deutschen Gesetze. Dies kann Lemb nicht bestätigen: „Unserer Erfahrung nach ist der Betriebsrat eher ein KP-Funktionär.“ Emons und Caplan nennen Unterschiede zwischen China und Europa: Während gerade in den mittelständischen Unternehmen hierzulande Wert auf flache Hierarchien gelegt wird, existieren solche Strukturen in China nicht.

Den Ausbau der neuen chinesischen Seidenstraße sehen Emons und Lemb kritisch; viel würde zwar in die Infrastrukturen vor Ort investiert, gleichzeitig aber fielen Arbeitsplätze weg. Bongartz sieht das anders: „Der Duisburger Hafen ist bereits Teil der Seidenstraße, und wir sind Teil des Raums Rhein-Ruhr.“

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