Mönchengladbach Die Zeit für den Moment festhalten

Mönchengladbach · Das Leben ist vergänglich: Aber nicht, wenn es nach der Mönchengladbacherin Ina Kardorff geht. Sie hat eine Methode entwickelt, mit der sie lebensechte Erinnerungen erschaffen kann. Spezielle 3D-Technik macht es möglich.

Die Menschheit befasst sich seit jeher mit der Vergänglichkeit des Seins. Vanitas ist ein wichtiges Motiv in Literatur und Kunst des Barockzeitalters. Schönheit und Verfall werden dabei verbunden. Um den Alterungsprozess aufzuhalten, wenden die Menschen unterschiedlichste Methoden an. Ina Kardorff hat ihre ganz eigene Technik entwickelt, um die Zeit anzuhalten — auch wenn es nur für einen Moment ist. Die 45-jährige Mutter zweier Kinder entwirft lebensechte, dreidimensionale Kunst. Ihre Leidenschaft gilt Skulpturen und Büsten.

Dank einer innovativen Technik ist Ina Kardorff in der Lage, Gesichter, Köpfe und Körperteile einer jeden Person detailgetreu nachzubauen. "DoubleYou" heißt ihre Firma, die sie zusammen mit Bruder Toni Sabljak (31) führt. Und der Name ist Programm. Mit Hilfe einer 3D-Kamera, einer Dreischichtmaschine und entsprechender Software entstehen in Ina Kardorffs Atelier Skulpturen von Säuglingen, Kinderköpfen und Erwachsenen-Häuptern aus Kunststoff. Jedes ihrer Werke kann sie proportional vergrößern oder verkleinern. So finden Miniaturgesichter Platz auf Christbaumkugeln, Ringen oder gar auf Schachfiguren.

Die Idee dazu kam Ina Kardorff 2006, als sie auf Antigua mit ihrem Mann Urlaub machte. Auf einem Markt entdeckte sie Ledertaschen, die mit Kopfnachbildungen verziert waren. Das faszinierte die zweifache Mutter so sehr, dass sie zu Hause selbst ans Werk ging, und versuchte die Taschen nachzubauen. Mit Hilfe ihres Bruders Toni Sabljak, der gelernter Orthopädietechniker ist, tüftelte sie an der Technik herum. 2011 setzte sie ihre Idee dann erstmals um. So bildete Kardorff das Gesicht ihres Mannes Bernd nach. Als das Päckchen schließlich eintraf, waren sie von dem Ergebnis überrascht. "Wir haben uns fürchterlich erschrocken, als wir mein Gesicht in dem Karton gesehen haben, so echt sah es aus", erzählt Dr. Bernd Kardorff.

Beider Tochter musste schließlich für den ersten Kopf-Nachbau herhalten. "Mit der Technik ist es möglich, besondere Momente zu konservieren. So habe ich das Neugeborene einer Freundin eins zu eins nachgebildet. Vom Ergebnis war sie so begeistert, dass sie Tränen in den Augen hatte", sagt Ina Kardorff.

Zehn bis 15 Minuten muss ein Kunde für die 3D-Aufnahmen stillhalten. Acht bis zehn Bilder entstehen, die am Computer wie bei einem Puzzle zusammengestellt und bearbeitet werden. Das Ergebnis wird an die Schichtmaschine übertragen. Acht bis 15 Stunden dauert es, bis eine Skulptur fertig ist. Wie eine Archäologin befreit Kardorff ihre lebensechte Kunst vom Staub und nimmt sie zur Verarbeitung aus der Maschine. Da die Köpfe innen hohl sind, muss sie vorsichtig vorgehen. Mit einer speziellen Lösung werden die Werke schließlich fixiert und erhalten so ihre Natürlichkeit.

Ein Kinderkopf kostet circa 500 Euro, ein Erwachsenenkopf rund 1000 Euro. "Unsere Kunst ist eine rein emotionale Kiste. Es ist einfach schön, wenn man einen besonderen Moment im Leben festhalten und ihn später noch mal betrachten kann", erzählt Ina Kardorff.

(sibr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort