Interview mit Lothar Beine Die SPD will die führende Kraft bleiben

Mönchengladbach · Der SPD-Fraktionsvorsitzende Lothar Beine erklärt, mit wem die SPD künftig Anträge einbringt, ob er sich mit der CDU zusammensetzt und warum der Masterplan für ihn nicht verbindlich ist. Außerdem verrät er, unter welchen Umständen er nach 2014 weitermacht.

 Am Tag nach dem Aus der Ampel: Lothar Beine diskutiert mit Karl Sasserath (Grüne, links) und Dr. Anno Jansen-Winkeln (FDP, rechts) im Rheydter Ratssaal.

Am Tag nach dem Aus der Ampel: Lothar Beine diskutiert mit Karl Sasserath (Grüne, links) und Dr. Anno Jansen-Winkeln (FDP, rechts) im Rheydter Ratssaal.

Foto: Andreas Baum

Herr Beine, woran ist die Ampel gescheitert? Was haben Sie falsch gemacht?

Beine Es gab natürlich auch Fehler. Aber nicht nur in der Politik, sondern auch in der Verwaltung.

Meinen Sie die Bauverwaltung?

Beine Nicht nur, auch von der Kämmerei. Neben der Prüfung von Standorten für die Bücherei, die unzureichend erarbeitet wurde, standen gerade für die SPD immer die Auswirkungen auf den Haushalt im Vordergrund. Belastbare Zahlen haben wir aber nicht bekommen. Wir mussten also selbst nachrechnen...

...und kamen zu dem Ergebnis, dass ein Neubau günstiger wäre?

Beine Ja. Sehen Sie: Es ist doch ähnlich wie mit einem alten Auto. Auch hier kann eine Neuanschaffung, die finanziert wird, günstiger sein, als den kompletten Motor und Teile der Karosserie auszutauschen.

Welche Fehler führten zum Bruch der Koalition?

Beine Wir haben uns zu sehr auf interne Diskussionen beschränkt. Die Vermittlung der Idee nach Außen ist zu kurz gekommen. So entstand ein verzerrtes Bild in der Öffentlichkeit. Es hieß, wir hätten kein Geld für Sozialarbeiter, aber 25 Millionen Euro für eine neue Bücherei. Dabei umfasste dieser Betrag nie nur den Neubau...

...sondern auch die Einzelhandelsflächen. Aber es ist doch nicht Aufgabe der Stadt, die zu finanzieren.

Beine Glauben Sie mir, wir hatten immer ein Auge auf die Kosten. Es ist entscheidend zu fragen, was notwendig für diese Stadt ist. Investitionen in Bildung sind es nach wie vor. Und es bleibt jetzt die Frage, was städtebaulich an der oberen Hindenburgstraße geschieht.

Wie geht es jetzt weiter: Gehen Sie auf die CDU zu?

Beine Die SPD-Fraktion kann selbstbewusst auftreten. Wir werden mit allen Fraktionen reden. Ich glaube nicht, dass wir Schwierigkeiten haben werden, Mehrheiten zu bekommen. Es gibt nicht überall Abstimmungsbedarf. 80 bis 90 Prozent der Themen werden eh mit großer Mehrheit entschieden.

Wird nun treibende Kraft der sein, der sich zuerst bewegt?

Beine Ich plädiere dafür, dass es bei unseren Anträgen SPD pur geben wird. Allerdings will ich nicht ausschließen, dass wir bereits Erörtertes gemeinsam mit unseren ehemaligen Partnern einbringen.

Ihr Verhältnis zum CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Hans Peter Schlegelmilch gilt als zerrüttet. Bereinigen Sie das jetzt?

Beine Das hängt von unserem Gespräch ab. Im Übrigen geht es nicht um Hans Peter Schlegelmilch oder Lothar Beine, sondern um die politische Arbeit und Verantwortung für die Stadt.

Es gibt einen Gesprächstermin?

Beine Ja.

Weshalb ist die Zusammenarbeit zwischen CDU und SPD in Mönchengladbach so schwierig?

Beine Ich bin da eigentlich offen. Nach der reinen Lehre gibt es ja in der Kommunalpolitik keine Opposition und keine Mehrheiten. Es ist wichtig, dass wir gezeigt haben, dass es in dieser Stadt auch jenseits der CDU eine Mehrheit gibt. Die Demokratie lebt vom Wechsel.

Haben Sie Sorge, dass bei einer Kooperation die SPD als Juniorpartner wahrgenommen würde?

Beine Schauen Sie in die Bundespolitik: Während der letzten Großen Koalition hat die SPD in Krisenzeiten in entscheidenden Ministerien hervorragende Arbeit geleistet. Profitiert hat aber nicht die SPD, sondern Merkel. Ähnlich war es bei der letzten Großen Koalition in Gladbach. Daher müssen wir den Anspruch haben, führende Kraft zu sein.

Es heißt, große Koalitionen seien gerade in schwierigen Zeiten gut. Gladbach steht vor massiven Herausforderungen. Ist nicht gerade jetzt ein guter Zeitpunkt, gemeinsam dicke Pflöcke einzuschlagen?

Beine Das kann ich uneingeschränkt bejahen. Aber die CDU hat gerade beim Stärkungspakt Fundamentalopposition betrieben. Dabei belegen die Zahlen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben schon 2012 kaum noch Kreditbedarf im Kassenkreditbereich gehabt. Fakt ist aber, dass die Stadt in einigen Jahren überschuldet sein kann, wenn wir nicht konsequent weiter am Haushaltssanierungsplan arbeiten. Wenn das Land einen Sparkommissar installiert, können wir uns gar nicht mehr bewegen.

Der droht auch, wenn die Haushaltsberatungen scheitern. Wo soll die Mehrheit herkommen?

Beine Wir alle müssen Verantwortung für die Stadt übernehmen. Ganz schlicht und einfach. Das ist unsere Pflicht. Wir sind auf einem guten und richtigen Weg mit dem HSP. Es gibt Licht am Ende des Tunnels. Das hätte sich zu Beginn der Ratsperiode niemand träumen lassen.

Eine Zusammenarbeit würde aber bedeuten, dass auch Sie von einigen Punkten Abstand nehmen müssen...

Beine Sicher. Kompromisse mussten wir auch in der Ampel machen.

Wo sind denn die Schnittpunkte mit der CDU?

Beine Positiv bewerte ich das Feld der Stadtentwicklung, etwa die Themen Bleichwiese oder City Ost. Ich sage aber noch einmal deutlich: Die SPD wird den Masterplan nicht als verbindlich einstufen. Er kann nur eine Leitlinie sein. Seine Ideen müssen finanzierbar sein. Wir dürfen Investoren nicht verscheuchen. Sonst entsteht wie bei der City Ost ein verheerendes Bild.

Herr Beine, Sie haben angekündigt, 2014 nicht mehr für den Fraktionsvorsitz kandidieren zu wollen. Kann diesen Job überhaupt jemand machen, der noch voll berufstätig ist?

Beine Nein, das denke ich nicht. Viele Termine liegen tagsüber, man muss sich ständig mit Politik und Verwaltung abstimmen, Gespräche führen, repräsentieren, Vorlagen studieren. Hinzu kommt, dass sich inzwischen viele Unternehmen zieren, ihre Angestellten für ein solches Ehrenamt freizustellen.

Dann können Sie Ihren Parteikollegen ja nur von dieser Aufgabe abraten...

Beine Zumindest glaube ich, dass manche nicht wissen, wie viel Zeit gewissenhafte Ratsarbeit in Anspruch nimmt.

Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Satz: Deshalb trete ich 2014 noch einmal an...

Beine (lacht) Das möchte ich nicht. Die nächste Ratsperiode dauert sechs Jahre. Ich habe eine andere Lebensplanung. Wird meine Unterstützung für eine Übergangszeit aber gewünscht, werde ich darüber nachdenken.

RALF JÜNGERMANN, DIETER WEBER UND FABIAN EICKSTÄDT FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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