Mönchengladbach Die spannende Geschichte eines alten Krugs

Mönchengladbach · Der Engländer Irwin Ellis fand auf seinem Dachboden einen über 100 Jahre alten Reservistenkrug. Der gehörte einst einem Angehörigen des Rheinischen Husaren-Regiments. Ellis suchte einen würdigen Erben für den Krug - und stieß nach aufregender Recherche auf die Eickener Schützen.

Als Hans-Jürgen Josten das Telefongespräch annahm, kam er aus dem Staunen nicht mehr heraus. Am anderen Ende der Leitung erzählte ihm ein Mann, dass er auf der Suche nach dem Nachfolgeregiment des 1. Rheinischen Husarenregiments Nr. 7 sei. So hieß einst ein Heeresteil der preußischen Armee, der 1815 gegründet und 1918 aufgelöst wurde. Der Mann, mit dem Hans-Jürgen Josten sprach, war Thomas Ecker aus Neuwied. Auf Jostens Telefonnummer stieß er im Internet. In seiner Freizeit gehört er nämlich der St.-Vitus-Martinus-Bruderschaft Eicken an und dort der Schützengruppe Husaren-Regiment König Wilhelm I. (1. Rheinisches) Nr. 7, 1. Eskadron Mönchengladbach-Eicken. Thomas Ecker erklärte Josten, dass er in England einen Freund hat, der einen Reservistenkrug des preußischen Regiments besitzt und diesen an den rechtmäßigen Besitzer übergeben möchte.

"Wir haben in unserem Vereinslokal zwar schon einige Dinge dieses Regiments, doch so etwas ist wirklich etwas Besonderes", sagt Hans-Jürgen Josten. Doch das reicht in diesem Fall nicht aus. Die Geschichte des Krugs ist nämlich ein regelrechter Historienkrimi. "Ich war 2006 mit meiner Familie in Urlaub in Frankreich. Dort bekam ich den Tipp, dass es in Yves, einem Ort im Südwesten Frankreichs, ein schönes Hotel gebe", erzählt Thomas Ecker. Also verbrachten die Eckers dort ihren Urlaub. An einem regnerischen Tag kam der Hotelbesitzer zu ihnen und bot ein kleines Ferienprogramm an. "Wir haben uns dabei angefreundet", sagt Ecker. So fand er heraus, dass der Besitzer des Hotels Irwin Ellis heißt und aus England stammt. "Eines Tages zeigte er mir einen Krug und fragte, ob ich ihm bei der Suche nach dem Erben des Besitzers helfen könne", erzählt Ecker.

An den Krug waren Irwin Ellis und seine Frau Sheila auf kuriose Weise gekommen. 1990 kauften sie ein Haus im englischen Solihull samt Hausrat. "Das Haus gehörte zuvor Herbert Evans, einem 95-jährigen Veteran aus dem 1. Weltkrieg. Er war gestorben", erzählt Thomas Ecker. Als die Familie Ellis einzog, durchstöberten sie den Dachboden und stießen auf einen Koffer. Darin: Fotos, die Herbert Evans und seine Kriegskameraden in Frankreich zeigen, Briefe seiner Mutter und ein Krug in deutscher Sprache. Irwin Ellis fand heraus, dass der Krug einst einem Mann gehörte, der mit Nachnamen Bock hieß und von 1910 bis 1913 im 1. Rheinischen Husarenregiment Nr. 7 der preußischen Armee gedient hatte. "Wie Herr Evans an den Krug kam, weiß niemand. Vielleicht hat er ihn gekauft, eingetauscht oder geschenkt bekommen", sagt Thomas Ecker.

Die Geschichte des Krugs faszinierte Ecker so sehr, dass er Irwin Ellis seine Hilfe zusagte. Wieder zu Hause, vergaß er es jedoch zunächst. Drei Jahre später meldete sich Irwin Ellis und erinnerte Ecker an sein Versprechen. "Ich rief eine Bekannte an, die bei der Bundeswehr arbeitet. Sie recherchierte dort in der Bibliothek", erzählt Ecker. Das Ergebnis war ernüchternd. Nach dem 1. Weltkrieg sind fast alle Aufzeichnungen über das Husarenregiment verschwunden. Irwin Ellis und seine Frau waren da inzwischen nach England zurückgezogen. Im Januar rief Irwin Ellis erneut bei Thomas Ecker an, der eine neue Recherche startete. Dieses Mal stieß er auf die Schützengruppe Husaren-Regiment König Wilhelm I. (1. Rheinisches) Nr. 7, 1. Eskadron Mönchengladbach-Eicken und berichtete Ellis von dem Fund.

"Er war begeistert und beschloss, der Gruppe den Krug zu überlassen", erzählt Thomas Ecker. Zwar ist die 1971 gegründete Eickener Schützengruppe nicht das offizielle Nachfolgeregiment, das ist nämlich das Panzeraufklärungsbatallion 7 in Augustdorf, doch die Eickener setzen die Tradition des einstigen preußischen Regiments fort, erinnern mit ihren Uniformen daran und archivieren historische Dinge, die mit dem Regiment in Verbindung stehen. Um den Krug zu übergeben, einigten sich Irwin Ellis, Thomas Ecker und die Eickener Schützengruppe auf den kommenden Sonntag. Dann feiert die St.-Vitus-Martinus-Bruderschaft ihr Schützenfest. Thomas Ecker und Irwin Ellis werden dabei sein und den Krug am Sonntagmorgen beim Empfang nach der Festmesse übergeben.

Weil dies ein historischer Moment sein wird, haben die Eickener Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners eingeladen, der die beiden Ehrengäste begrüßen wird.

(cli)
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