Mönchengladbach Die Raute im Kurort

Mönchengladbach · 40 Fans sind mit der Mannschaft ins Trainingslager von Borussia Mönchengladbach gereist. Der Bürgermeister von Bad Wörishofen freut sich über die Fußball-Gäste. Heute ist ein Fanabend. Fast 150 Borussen haben sich angemeldet, um mit Team und Trainer zu plaudern.

 Auch die Borussen-Fans Wolfgang Heine, Herbert und Michaela Wittlings wollen sich die Übungen von Lucien Favre mit der Mannschaft auf dem Trainingsplatz in Bad Wörishofen nicht entgehen lassen.

Auch die Borussen-Fans Wolfgang Heine, Herbert und Michaela Wittlings wollen sich die Übungen von Lucien Favre mit der Mannschaft auf dem Trainingsplatz in Bad Wörishofen nicht entgehen lassen.

Foto: Dieter wiechmann/ kurverwaltung

Als Thomas Weinmann sein Schnitzel serviert bekommt auf der Terrasse des Hotel Löwenbräu, gibt es von der Kellnerin einen lieben Gruß dazu. Vom Küchenchef, sagt sie. Ein großer Gladbach-Fan sei der Mann, informiert die Dame und grinst. Weinmann ist Borussias Fanbeauftragter und darum nah dran am Team, das derzeit eine der Attraktionen ist in Bad Wörishofen. Eine Woche üben die Fußballer auf dem gepflegten städtischen Sportgelände des Kneippkurorts. Da scheint die Gelegenheit günstig und "Tower" Weinmann genau der richtige Ansprechpartner.

Küchenchef Josef Herold hätte gern die Autogramme der Borussen. Fast hätte er die einmalige Gelegenheit gehabt, sie alle frei Haus geliefert zu bekommen. Doch der für die Trainingslager obligatorische Fan-Abend, der zunächst im Hotel Löwenbräu sein sollte, ist auf Grund der vielen Anmeldungen nun im Café Schwemmer. Fast 150 Borussen haben sich für heute Abend angemeldet, um mit Team und Trainer zu plaudern.

Klaus Holetschek ist kein Borussen-Fan. Der Bürgermeister von Bad Wörishofen ist, "obwohl ich ein Schwarzer bin, ein Roter". Das heißt: Der CDU-Mann ist Bayern-Fan. Da er zudem Präsident des bayerischen Heilbäderverbandes ist und daher schon von Amtswegen sehr von den Lehren des Sebastian Kneipp hält, findet er es aber gut, dass die Borussen da sind.

So taucht seine Stadt ständig in Presseberichten auf, wie die deutlich erhöhte Anzahl der Google-Alerts zeigt, die er für Bad Wörishofen eingerichtet hat. Es waren schon einige Teams in Bad Wörishofen im Trainingslager. Zuletzt 1860 München und jetzt, parallel zu den Borussen, Energie Cottbus, danach kommt der russische Spitzenklub Rubin Kasan. "Aber den größten Auflauf gab es, als 2007 das Nationalteam des Iran hier war mit dem deutschen Trainer Bernd Stange", berichtet Holetschek.

Die Sache mit den Trainingslagern und Bad Wörishofen passt zusammen, findet er. "Wir sind eine Gesundheitsstadt. Da ist Sport ein wichtiges Thema", sagt Holetschek. Er hat früher Fußball gespielt, beim FC Bad Wörishofen. "Aber in der A-Jugend habe ich aufgehört", erzählt Holetschek. Der erste Bürger der Stadt hat herausgefunden, dass der Besuch des Bundesligisten durchaus Stadtgespräch ist. Das ist indes logisch, denn die Raute ist derzeit überall in Bad Wörishofen. Tagsüber vor allem am Trainingsplatz. Dort ist der kleine Parkplatz total überfüllt. Auf fast allen Autos weisen Rauten-Aufkleber die Inhaber als Gladbacher aus.

Auch vor den Hotels finden sich viele Vehikel mit entsprechenden Insignien. Herbert Biallas und seine Ehefrau Ute kommen aus Erkelenz. Eigentlich wollten sie den Urlaub im Elsass verbringen. Dann entschieden sie sich aber für fünf Tage mit Borussia. "Wir sind mit Leib und Seele dabei", sagt Herbert Biallas. Er hat sich einige Anwendungen gegönnt und festgestellt: "Es ist sehr ruhig in Bad Wörishofen."

Tatsächlich scheint der Altersschnitt gehoben zu sein, wenn man sich das Stadtbild anschaut. Klaus Holetscheck verweist aber darauf, dass es auch reichlich Angebote für jüngere Menschen gibt. Einen Freizeitpark vor den Toren der Stadt zum Beispiel. Auch Borussia bringt eher ein jüngeres Publikum mit. "Etwa 40 Fans sind die gesamte Woche hier", sagt Matthias Neumann vom Gladbacher Fanprojekt. Die tummeln sich abends in den Restaurants und Kneipen der 16 000-Einwohner-Gemeinde im Unterallgäu. Im "Chaplin" debattierten Gladbach-Freunde spät in der Nacht mit einem Dortmund-Anhänger darüber, wer denn nun die einzig wahre Borussia sei.

Der Masseur, der sich um Herbert Biallas' Wohlbefinden kümmerte, gab bekannt, er sei Fan von 1860 München. "Aber er fand es gut, dass wir in der Bundesliga geblieben sind. Das sagen uns viele hier", sagt Biallas. "Gladbach ist ein Traditionsverein, ich freue mich, dass die Borussen bei uns trainieren", sagt Klaus Holetschek.

Die Sporthelden seiner Stadt sind der frühere Bayern-Star Franz "Bulle" Roth, der in der Ortsmitte ein Sportgeschäft hat, und die Dressurreiterin Ulla Salzgeber, die bis vor kurzem in Bad Wörishofen lebte. Natürlich ist Kneipp überall. Und in diesen Tagen die Raute.

(RP/rl)
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