Mönchengladbach Die Mülltonnen-Odyssee von Mönchengladbach

Mönchengladbach · Die Suche nach einem neuen Mülleimer kann für den Besitzer zeitaufwändig werden. Eine Geschichte über Super- und Baumärkte, Zettel und Telefonate – und eine nächtliche Übergabe auf einem Hinterhof .

Mönchengladbach: Die Mülltonnen-Odyssee von Mönchengladbach
Foto: Ilgner

Die Suche nach einem neuen Mülleimer kann für den Besitzer zeitaufwändig werden. Eine Geschichte über Super- und Baumärkte, Zettel und Telefonate — und eine nächtliche Übergabe auf einem Hinterhof .

"Bin ich hier richtig?" Mit dieser vorsichtigen Frage steht der Mönchengladbacher, am Ende seiner Suche angekommen, plötzlich am späten Samstagabend am Buffet eines Bistros. Doch er ist nicht zum Essen hergekommen, und schon wird er aus der Seitentür hinaus auf den Hof geleitet. Dort wechselt Geld den Besitzer — und dann die Ware.

Drogengeschäfte? Geldwäsche? Anderweitig windige Transaktionen? Nichts dergleichen, hier geht eine schnöde Mülltonne vom einen auf den anderen Besitzer über. Genauer gesagt ein 35-Liter-Gefäß, die Standardgröße in Gladbach. Der stolze neue Besitzer, ein in der Stadt nicht ganz Unbekannter, hat dennoch eine regelrechte Odyssee hinter sich, als er mit der Tonne im Schlepptau endlich in seinen Wagen steigt.

Doch von Anfang an.

Vergangene Woche klebte nach der Leerung durch die GEM ein grellleuchtender Zettel an dem Plastikgefäß des Mönchengladbachers — ein Hinweis, das etwas kaputtgegangen war. "Tatsächlich — am vor der Leerung noch intakten Mülleimer war eine vorher sehr stabile Plastikführung abgebrochen", sagt der Betroffene. Er folgte der Aufforderung, sich telefonisch bei dem Entsorger zu melden. Im kurzen Telefonat bat ein GEM-Mitarbeiter höflich darum, den Eimer mit Zettel und Namen versehen zu einem verabredeten Zeitpunkt an die Straße zu stellen. Später am Tag waren die Zettel dann ausgetauscht. Auf dem neuen Zettel war lapidar sinngemäß vermerkt, dass eine Reparatur wegen Materialermüdung nicht möglich sei, "weil das Müllgefäß schon über 31 Jahre alt ist". Man möge doch bei der nächsten Abfuhr ein neues Müllgefäß bereitstellen: "Die Plakette erhalten Sie beim Fachbereich Steuern und Grundbesitzabgaben der Stadt."

Der Neuwerker wunderte sich zwar etwas, machte sich aber dennoch auf zu einem Supermarkt. Und hier begann seine Odyssee: "Führen wir nicht. Versuchen Sie es einmal bei einem Baumarkt." Davon gibt es in der Stadt derzeit aber nicht mehr viele. Bei Hornbach jedenfalls gab es nur deutlich größere Gefäße zu erwerben. "Die vorgesehene Fläche für 35-Liter-Eimer hatte zwar ein Preisschild, war jedoch ansonsten leer", berichtet der Neuwerker.

Was tun? Jetzt quer durch die Stadt von einem Laden zum anderen fahren? Immerhin war schon später Samstagnachmittag. Es folgte also stattdessen eine ausgiebige Recherche im Internet. Und dort fand sich sogar jede Menge im Angebot: gebrauchte Eimer mit Plakette (Zwischenruf der Ehefrau: "Plakette haben wir ja, die sind bestimmt gestohlen oder gefälscht" und "Nee, stinkige gebrauchte Tonnen will ich nicht"), neue Ascheneimer aus Metall und jede Menge zu große Eimer.

Weitere Geschäftsanzeigen allerdings: Fehlanzeige — außer, man würde im Internet bestellen. Das verwarf der Gladbacher jedoch aus grundsätzlichen Erwägungen — "und wer weiß schon, ob die der GEM passen?" Außerdem drängte die Zeit. Der Hauseimer quoll bereits über, und die nächste etatmäßige Leerung stand an. Dann fand sich endlich eine Anzeige zum Objekt der Begierde — "35 Liter, neu, ohne Plakette". Sogar bis 22 Uhr zum Schnäppchenpreis von 29 Euro (sechs Euro preiswerter als vergleichbare Angebote) käuflich zu erwerben. Skeptisch wurde die Adresse beäugt, die auf besagtes Bistro hinwies. "Es lag in der Nähe — und man hatte nur zu gewinnen. Schließlich musste der Müll aus dem Haus", sagt der Neuwerker.

Nach der erfolgreichen Transaktion verblieben dann nur noch zwei Aufgaben: das lädierte Vorgängermodell zu entsorgen und die Anschrift vom Fachbereich Steuern und Grundbesitzabgaben herauszufinden. "Ein leichtes Magengrummeln bleibt aber beim Sinnieren über die Frage, ob nicht derjenige, der etwas kaputt gemacht hat, auch für Ersatz sorgen muss? Und wenn es nur mit einem Hinweis über die Bezugsquelle ist?", fragt sich der Betroffene.

Jutta Schmitz, Sprecherin der GEM, weist bei Problemen mit der Tonne auf das Bürgertelefon des Entsorgers hin — Rufnummer 02161 491043. Eigene Eimer für einen eventuellen Austausch hält das Unternehmen zwar nicht vor, weil diese in Gladbach im Besitz der jeweiligen Bürger sind. Hornbach und Ridder in Rheydt seien die ersten Anlaufstellen, wenn einer nachgekauft werden muss, sagt Schmitz. Für Tonnen, die nicht älter als sechs Jahren sind, gebe es außerdem einen Reparaturservice. "Wenn die GEM-Mitarbeiter zweifelsfrei schuldhaft an einem Schaden sind, werden Tonnen repariert oder ersetzt."

Vom Kauf im Internet rät Schmitz ab, denn Mülleimer seien in Gladbach mit seinen seltenen Tonnengrößen fast schon "heiße Ware". Im letzten Sommer etwa hatte es eine ganze Diebstahlserie gegeben, rund 150 Betroffene meldeten sich damals. Die Tonne eines Waldhauseners wurde damals sogar zweimal binnen weniger Wochen geklaut: beim zweiten Mal samt Abfall und Asservaten-Schildchen der Polizei.

(RP)
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