Mönchengladbach Die Kunst schlägt Wellen

Mönchengladbach · "Kaiserbad" ist der Titel einer faszinierenden Ausstellung im brachliegenden Stadtbad am Berliner Platz. Sieben Künstler haben dort Bezug auf den ungewöhnlichen Raum genommen und zum Beispiel den römischen Charakter des einstigen Schwimmtempels aufgegriffen.

Was passiert, wenn die Kunst baden geht? Das lässt sich derzeit am Berliner Platz erleben. Sieben Künstler aus Mönchengladbach und der Region haben das brachliegende Stadtbad, das 1959 aus dem benachbarten Kaiserbad hervorgegangen war, in eine Kunsthalle verwandelt.

Da, wo bis 2006 die Kinder planschten, die Bademeister wachten und die Schwimmer ihre Bahnen zogen, hat jetzt endgültig die Kunst das Ruder übernommen. Und eins steht fest: Auch ohne Wasser wird die Ausstellung hohe Wellen schlagen.

Das tat die Kunst hier zwar schon öfter, bei der Ensemblia etwa, dem Fotoshooting für einen Modekalender (vom Apparillo Netzwerk) 2009, oder beim französisch-deutschen Kunstaustausch 2010, bei dem die Französin Elsa Tomkoviak Farbstreifen ins Schwimmbecken gleiten ließ.

Doch diesmal hat sich die Künstlergruppe um Initiatorin Daniela Schmitz den Raum programmatisch erschlossen, hat das Becken selbst zum Kunstwerk erhoben. "Als ich das verlassene Vereinsbad im Februar gesehen habe, dachte ich sofort, hier müssen wir ausstellen", sagte die Mönchengladbacherin bei der Eröffnung. Dabei war klar: "Es soll hier nicht darum gehen, den nostalgischen Charme dieses verlassenen Ortes als hübsche Kulisse zu nutzen, sondern diesen umzudeuten."

Die Künstler, die sich an der Kunstakademie in Münster kennengelernt haben, haben dabei den römischen Charakter des einstigen "Kaiserbads" an der Viktoriastraße (1889 bis 1975) aufgegriffen, folglich die Ausstellung mit "Kaiserbad" betitelt.

So wirken die Bilder von Daniela Schmitz am Beckenrand wie römische Fresken, die eigens konstruierte Holzkuppel mit Sitznische im Beckeneck wie eine römische Ruhezone. Den Sportgedanken führt Marie Gerlach ad absurdum, indem sie etwa das Brett auf dem Sprungturm nach unten gebogen und mit der Hilfsstange des Bademeisters versehen hat.

Auf Tauchstation hat sich Annika Burbank begeben. Entlang der rasant abfallenden Schräge hinab zum Beckengrund hat sie eine zehn Meter lange, zitronengelbe Gips-Bahn drapiert, die ebenso an einen Fluss wie an eine Landschafts-Silhouette erinnert.

"Was für ein unglaublicher Ort", fasste die eingeladene Kuratorin Sandra Dichtl in ihrer Eröffnungsrede die Eindrücke zusammen. Kulturdezernent Dr. Gert Fischer pflichtete ihr bei. "Man muss sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Rolle der Raum für die Kunst hat und welche Wirkung die Kunst auf ihre Umgebung ausübt", so Fischer.

Begleitet wird die Ausstellung von Künstlergesprächen an den Adventssonntagen, jeweils um 11 Uhr. Am 27. November wird Museumsdirektorin Simone Titz ins Boot geholt, um der Kunst gemeinsam auf den Grund zu gehen.

(RP)
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