Mönchengladbach Die Heimat-Rapper

Mönchengladbach · Im Projekt 41 haben sich Rapper zusammengeschlossen und ein Album produziert. Der erste Song ist eine Hymne auf die Stadt Mönchengladbach: Seit ein paar Tagen steht das Video für den ersten Song auf Youtube und wurde schon über 7000-mal angeklickt.

 Romyo Beatz, eigentlich Alper Er (links), und Baba Rey, eigentlich Reza Wireko, rappen und singen über ihre Heimat Mönchengladbach. In ihren Texten kommen zum Beispiel Rheydt, Rheindahlen und Borussia vor.

Romyo Beatz, eigentlich Alper Er (links), und Baba Rey, eigentlich Reza Wireko, rappen und singen über ihre Heimat Mönchengladbach. In ihren Texten kommen zum Beispiel Rheydt, Rheindahlen und Borussia vor.

Foto: Ilgner

Das Video beginnt so klischeehaft, dass es wehtun könnte. Der dicke Mercedes rollt ins Bild, die Felgen funkeln. Als der Beat einsetzt, sind fünf junge Männer in dunklen Kapuzenjacken und schlabbrigen Jeans zu sehen. Sie stehen in einer Autowerkstatt, wiegen die Oberkörper im Takt, posieren.

Demnächst müsste die erste halbnackte Frau im Video auftauchen. Oder die erste Goldkette blitzen. "Nee, so was gibt's bei uns nicht", sagt Alper Er. Der 22-Jährige ist der Produzent des Videos, das seit einigen Tagen auf Youtube steht. Fast 7000-mal wurde es bisher angeklickt.

Die jungen Künstler sind Rapper aus Mönchengladbach, die sich als Projekt 41 zusammengeschlossen haben — nach der Postleitzahl ihrer Stadt. Sie reimen über Rheindahlen und Rheydt, einer von ihnen hält seinen Arm in die Kamera, "Eicken" ist darauf tätowiert. Ein paar Zeilen widmen die Rapper der Borussia, den Rest vor allem ihrer Heimat: "Und ziehen wir auch in die Ferne, unsere Liebe gehört nur dieser einen Stadt — hebt die Hand für Mönchengladbach."

"Jeder von uns meint das, was er da rappt", sagt Alper, der sich Romyo Beatz nennt. Er lebt in Rheydt, dort, wo er mit 14 Jahren beginnt, die ersten Beats zu schreiben, sein Bruder rappt dazu, "aber das war qualitativ nicht der Rede wert", sagt er lachend und winkt ab. Später arbeitet er mit Musik-Software an ersten Stücken, ist auf Hip-Hop-Alben aus den USA und Kanada zu hören. Oft habe er versucht, mit internationalen Künstlern etwas auf die Beine zu stellen, "aber das ist nicht so leicht." Rapper hätten ein riesiges Ego, und außerdem seien viele zu undiszipliniert zum Arbeiten.

Erst als er Baba Rey trifft, passt es. Rey, der eigentlich Reza Wireko heißt, wäre beinahe Tänzer und nicht Musiker geworden. Als Siebenjähriger tritt er als Michael Jackson bei der Miniplayback-Show auf, wird als Double gebucht, tingelt mit den großen Stars über die großen Bühnen. Einmal trifft er sein Idol sogar.

Rezas Vater, arbeitet als DJ, bringt ihm Soul-, Funk- und Rockplatten mit. Was hängen bleibt, ist die Liebe zum Hip-Hop - und das ausgerechnet in Mönchengladbach. "Im Vergleich zu München oder Berlin ist die Szene natürlich ziemlich klein, und Verbundenheit gibt es gar keine", sagt der 33-Jährige. Außer Eco Fresh und Summerjam käme kein bekannter Rapper aus Gladbach. Mit dem Projekt und dem Album soll das anders werden. Alper schreibt die Instrumentals und Beats am Keyboard, Rey rappt dazu.

Tagsüber arbeitet Rey im Büro, Alper macht seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, andere aus der Gruppe studieren. Die Nächte verbringen sie in seinem kleinen Tonstudio. Das Album soll sauber klingen, nicht zusammenwürfelt, und auch ein wackeliges, selbst gedrehtes Video "geht gar nicht." Die Männer legen zusammen, 750 Euro haben sie für ein Video.

Der Mönchengladbacher Regisseur Oliver Wergers dreht es in zwei Tagen ab. Ohne Goldkettchen, ohne leichtbekleidete Frauen, ohne Klischees. Viel zu sehr ärgern sie sich täglich über das, was bei Youtube unter "Rap" kursiert: Halbstarke mit schiefen Basecaps auf dem Kopf und schwerem Schmuck um den schmalen Hals, die mit großen Gesten ein paar Reime nachstottern. "Die stellen jeden Müll ins Internet", sagt Rey und verdreht die Augen. "Und wenn man sagt, man rappt, muss man sich gleich wieder rechtfertigen."

Und der Mercedes im Video? Alper muss lachen. "Ach, ich muss nicht rumprotzen. Ich bin in einer Ausbildung, das ist doch klar, dass der nicht mir gehört", sagt er. Aber ein Auto gehöre schon so ein bisschen zum typischen Hip-Hop-Video. "Und mal ehrlich: Ein Mercedes sieht da nun mal besser aus als ein Twingo."

(RP)
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