Mönchengladbach Die ersten Schritte in den Beruf

Mönchengladbach · Busfahren wollte Julia Broicher schon immer. Ihr ganz großer Traum. Bereits als Kind ist sie im Linienbus bei ihrem Vater mitgefahren. "Leider durfte ich damals nicht selbst ans Steuer, aber das werde ich ja jetzt nachholen können", sagt die 19-Jährige lächelnd. Sie ist eine von insgesamt 18 Auszubildenden, die am Montag bei der NVV ihre Lehre in verschiedenen Berufen begonnen haben.

Drei Jahre wird Julia Broicher die Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb durchlaufen, einem Berufsfeld, das nach wie vor als ungewöhnlich für Frauen gilt. Dabei lernt die Abiturientin die Arbeit in unterschiedlichen Abteilungen kennen, unter anderem in der Leitstelle und den Werkstätten. Und natürlich wird sie ihren Busführerschein machen, um dann, genau wie ihr Vater, bei der NVV-Tochtergesellschaft Möbus im Fahrbetrieb arbeiten zu können.

Austausch mit den Kunden

"Dieses Jahr bilden wir das erste Mal eine Fachkraft im Fahrbetrieb aus", sagt Werner Briefs, Personal- und Ausbildungsleiter des Unternehmens. Hinzu kommt außerdem erstmals ein Platz für die Lehre zur Fachkraft im Bereich Dialogmarketing. Was zunächst ein wenig schwülstig klingt, meint hauptsächlich das Beantworten von Kundenanfragen und -reklamationen im betriebseigenen Callcenter. Ramona Brandt hat diesen ersten Platz ergattert. "Ich bin sehr glücklich", sagt sie und freut sich vor allem auf den regen telefonischen Austausch mit den Kunden.

Aber auch in den klassischen Berufen bildet die NVV aus. Einen Platz als angehender Anlagenmechaniker konnte sich Nico Norbisrath sichern. Nach mehr als 150 verschickten Bewerbungen hat der 20-Jährige hier endlich eine Chance bekommen. Als er in seinem Heimatort Krefeld nur Absagen bekam, bewarb er sich notgedrungen in der ganzen Region.

Ein anderer Klassiker ist die Ausbildung zur Industriekauffrau. Dafür hat sich Jenna Hinzmann erst nach dem Fachabitur im Bereich Wirtschaft und Verwaltung entschieden. Zweieinhalb Jahre dauert jetzt ihre Lehre. "Den Tipp, mich bei der NVV zu bewerben, gaben mir Bekannte. Vor allem die Größe des Unternehmens hat mich gereizt", sagt die 18-Jährige aus Rheindahlen. Das sieht Daniela Stänke ganz anders. "Ich bin sehr froh, eine Lehrstelle in einem kleinen Unternehmen bekommen zu haben, wo man die Leute besser kennt und das Umfeld familiärer ist", sagt sie. Nach einem Praktikum bei der Schalm GmbH für Heizungsbau und Sanitäranlagen hat sie dort am Montag ihre Ausbildung zur Bürokauffrau begonnen. Insgesamt vier neue Azubis hat Norbert Schalm eingestellt, 35 Mitarbeiter zählt sein Unternehmen. "Der demografische Wandel geht auch an uns nicht vorbei. Deswegen bilden wir gerne aus. Aber es wird immer schwieriger, geeignete junge Leute zu finden. Auch weil die Industrie schon sehr früh den Bewerbermarkt an den Schulen abgrast und viele Jugendliche nicht richtig auf das Arbeitsleben vorbereitet werden", klagt Schalm.

Und so bietet das mittelständische Unternehmen auch einem Bewerber wie Eduard Später eine Chance, Anlagenmechaniker zu werden. Mit 24 Jahren ist er sicher einer der ältesten der rund 1400 Auszubildenden, die in dieser Woche in Gladbacher Unternehmen ihre Lehre begonnen haben. Aber weil er mit seinem Hauptschulabschluss keine Stelle bekam, verpflichtete er sich für vier Jahre bei der Bundeswehr. Dort wurde er mehrere Monate im afghanischen Mazar-i-Sharif eingesetzt. "Als ich zurückkam, hatte ich eine andere Sicht auf die Dinge. Vieles relativiert sich, wenn man die Nöte und Bedürfnisse der Menschen im Krieg erlebt hat", sagt Eduard Später. "Weil ich unbedingt noch eine Ausbildung machen wollte, habe ich meinen Realschulabschluss nachgeholt und hier bei der Firma Schalm drei Monate gearbeitet. Ich bin froh, dass es jetzt endlich losgehen kann mit der Ausbildung."

(RP)
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